Pastoralbrief zum Ostern 2020

 „Seht – durch das Kreuz ist Freude in die ganze Welt gekommen…” 

 Hochehrwürdige Väter und geliebte Gläubige,

Christus ist auferstanden!

Der Ruf der Verkündigung „Christus ist auferstanden!”, der das Wesentliche des christlichen Glaubens zum Ausdruck bringt, erklingt heute wie niemals zuvor in Kirchen, in denen sich keine Gläubigen aufhalten. Und doch hören diese den Ostergruß auf verschiedensten medialen Kanälen und antworten mit unerschütterlicher Überzeugung: „Er ist wahrhaftig auferstanden!” Wir glauben wahrhaftig, dass Christus nicht im Grab geblieben ist, sondern dass Er den Tod besiegt hat durch Seine Auferstehung und dass Sein Sieg auch unser aller Sieg ist, die wir Ihn als unseren Herrn und Gott unseres Lebens bekennen.

Der Apostel Thomas rief von Herzen voller Überzeugung: „Mein Herr und mein Gott”, nachdem er den Auferstandenen Herrn gesehen hatte; Jesus aber sagte zu ihm: „Weil du mich gesehen hast, Thomas, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!” (Johannes 20, 28-29) Wir haben den Auferstandenen Herrn nicht wie die Apostel gesehen, doch wir glauben auf der Grundlage ihres Zeugnisses und sind dadurch selig. Wir sind selig, weil die Auferstehung des Herrn unserem Leben einen ewigen Sinn verleiht und weil sie die Quelle unserer Freude, unserer Hoffnung und unserer Kraft im Kampf mit den Versuchungen  und Beschwernissen des Lebens ist. Wenn wir nicht an die Auferstehung glaubten, hätte unser Leben keinen Sinn, ja es wäre eine Absurdität: wir könnten uns nicht daran erfreuen, wir hätten weder den Mut noch die Kraft, dem Böse zu widerstehen und es zu überwinden – wie auch zuletzt den Tod; denn alles kommt uns vom Auferstandenen Christus zu, Der gesagt hat: „Ohne Mich könnt ihr nichts tun” (Johannes 15, 5). 

Gewiss folgte die Auferstehung des Herrn auf Seinen Tod am Kreuz, der ein Ausdruck der Liebe in Vollendung war, jener vorbehaltlosen und bedingungslosen Liebe, die Er schon während Seines ganzen irdischen Lebens vorgelebt hat. Er hat die Sünden aller Menschen auf Sich genommen – von Adam bis zum letzten Menschen, der in der Geschichte in Erscheinung treten wird –, Er hat Anfeindungen erlitten wie niemand anderes, und doch hat Er dabei niemals als Mensch den Mut und die Kraft verloren, allen nur Gutes zu tun, seien es gute oder böse Menschen, denn Er hat alle geliebt. Die Quelle für Seine Kraft finden wir in Seinem Gebet zum Vater. Am Tag predigte Er und heilte Kranke, bei Nacht aber betete er an einsamen Stätten. Das Beispiel des Gebets, wie es der Erlöser vorlebte, müssen auch wir annehmen, denn das Gebet bewirkt Wunder. Glauben wir an die Kraft des Gebets! Glauben wir daran, dass wir eins werden mit dem Auferstandenen Herrn, wenn wir mit Nachdruck beten! So wird Sein Sieg auch zu unserem Sieg! Der Erlöser ermahnt uns: „Wachet und betet, dass ihr nicht in Anfechtung fallt!” (Matthäus 26, 41) Und der Apostel Paulus ruft uns zu: „Betet ohne Unterlass!” (1. Thessalonicher 1, 17) Beten wir zu Hause, am Arbeitsplatz, unterwegs und überall, vor allem aber wieder in der Kirche, wenn die aktuell auferlegten Beschränkungen wieder aufgehoben sind. Beten wir gemeinsam mit den Brüdern und Schwestern unseres Glaubens, denn das Gebet der Kirche kann durch nichts ersetzt werden. Wenn wir beharrlich sind im Gebet, werden wir uns vor nichts mehr fürchten, weder vor Krankheiten, noch vor Feinden, noch vor dem Tod, denn Christus der Herr besiegt in uns alles Böse. Ein positives Denken, der Blick auf das Gute und nicht auf das Böse, ein gütiges Wesen sowie Beharrlichkeit und Geduld beim Tragen des Kreuzes, das uns täglich und stündlich auferlegt ist, sind die Früchte, an denen wir das wahre und gottgefällige Gebet erkennen.              

Hochehrwürdige Väter und geliebte Gläubige,

In dieser Zeit der Prüfung für die ganze Welt kommt unsere Erlösung nur von Christus,  dem Auferstandenen Herrn. Wir sollten uns dessen bewusst sein, dass diese Pandemie von Gott nur wegen unserer Sünden zugelassen wird. Allerdings soll sie uns nicht zum Untergang gereichen, sondern zu unserem zeitlichen und ewigen Guten –, wenn wir von ganzem Herzen zu Ihm umkehren. Denn „Gott hat keinen Gefallen am Tode des Gottlosen, sondern vielmehr daran, dass er sich bekehrt von seinen Wegen und am Leben bleibt” (Hesekiel 18, 23) Er bestraft niemand, denn Er ist die Liebe. Und die Liebe straft nie, denn sonst wäre es keine Liebe mehr. In Seiner göttlichen Pädagogik lässt Gott es zu, dass die Konsequenzen unserer Sünde über uns kommen, also Krankheiten und Leiden aller Art, damit wir durch sie umkehren zu Ihm und leben. Wir sollen zu Gott dem Herrn umkehren durch Reue, also durch eine echte Umkehr im Leben, und das unter ständiger seelsorgerlicher Hilfe seitens unseres Geistlichen als Seelsorger. Beten wir zu Gott darum, dass Gott uns das Bewusstsein für unsere Sünde schenken möge wie auch die Kraft, gegen die Sünde anzukämpfen um sie zu besiegen und an ihre Stelle die christlichen Tugenden zu setzen, unter denen die Liebe die höchste ist, bis hin zur Feindesliebe, ganz nach dem Vorbild und Modell Christi, der noch als Er am Kreuz hing sagte: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun” (Lukas 23, 34). Und auch was der Apostel Johannes sagt, sollen wir berücksichtigen: „Meine Kinder, laßt uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit.” (1. Johannes 3, 18) Vor allem jetzt in diesen schwierigen Zeiten voller Leid und Not mögen wir alle nach unseren Kräften anderen Menschen helfen. Und wir vermögen viel, wenn wir von wahrhaftiger Liebe erfüllt sind und unsere Seele geben für unsere Nächsten, die unserer Hilfe bedürfen.

Ich möchte an dieser Stelle ein Wort des Dankes und des Segens besonders an die Ärzte und alle jene richten, die sich in den Krankenhäusern um die Pflege und Genesung der Kranken sorgen und bemühen und dabei ihr eigenes Leben in Gefahr bringen. Dies ist wahrhaftige Liebe, die ihr Leben hingibt für die Nächsten! Ein solches Wort des Dankes gebührt auch allen Freiwilligen und Ehrenamtlichen, die zu den Häusern von Kranken, älteren und alleinstehenden Menschen gehen und ihnen auf unterschiedlichste Weise  helfen.

Ich lege Euch alle diese aus meinem Herzen kommenden Gedanken ans Herz in der Hoffnung, dass sie Euch stärken und ermutigen können im Kampf mit den Versuchungen, Nöten und Sorgen des Lebens. Ich bete zum Erlöser Jesus Christus, dem Überwinder des Todes, dass Er Euch alle an der Freude Seiner Auferstehung teilhaben lassen möge jenseits aller Beschränkungen, die uns auferlegt sind, denn diese österliche Freude kann uns niemand aus der Seele rauben. 

Der Segen des Herrn sei mit Euch allen!

 

Christus ist auferstanden!

 

† Metropolit Serafim von Deutschland, Zentral- und Nordeuropa         

 

(Übersetzung aus dem Rumänischen: Dr. Jürgen Henkel, Selb)