Für Respekt gibt es kein allgemeingültiges
Artikel von: Meike Ledermann, in: Nürnberger Zeitung, 23.03.2013
Diakonie Neuendetteisau feiert Jahresempfang. Kirche und Wissenschaft schließt sich schon lange nicht mehr aus. Das beweist die Diakonie Neuendetteisau mit ihrem eigenen Forschungsinstitut. Dieses soll durch soziale Dienstleistungen für mehr Respekt in der Gesellschaft sorgen.
Was ist Respekt? Kann man ihn anfassen, kann man ihn essen? „Ich habe heute kein Rezept für einen guten Kuchen oder für Respekt mitgebracht“, leitete Renan Demirkan ihre Rede vor den rund 400 geladenen Gästen ein. Sie war Ehrengast beim Jahresempfang der Diakonie Neuendetteisau im Rathaussaal am Donnerstag. Der Vortrag über Toleranz und Gleichberechtigung ist emotional, denn sie weiß aus Erfahrung, wovon sie spricht. Als Siebenjährige kam sie 1962 aus der Türkei nach Deutschland und musste viel Distanz erfahren: „Ich wurde auf meine siebenjähre Herkunft reduziert.“ Heute ist sie „ hochgesehene Schauspielerin sowie Buchautorin und gewann hochkarätige Auszeichnungen wie die Goldene Kamera oder das Bundesverdienstkreuz.
(Foto: Hermann Schoenauer, Leiter der Diakonie (M.), freute sich über die hochkarätigen Ehrengäste Serafim Joantă (r.) und Renan Demirkan (l.) Foto: Roland Fengler)
Der gesamte Abend stand im Zeichen „des kleinen Wortes mit der großen Bedeutung“: Respekt. Auch Hermann Schoenauer, Leiter der Diakonie Neuendetteisau, versucht sich an einer Definition: „Respekt vor dem Nächsten ist eines unserer ureigensten Anliegen.“ Deshalb gründete das evangelisch-lutherische Werk ein Forschungsinstitut, um genau diese Mission zu unterstützen. Dessen Aufgabe sei es, dort Einspruch zu erheben, wo der Mensch nicht im Mittelpunkt der Versorgung ist oder wo ethische Gren zen überschritten werden. Kurz gesagt: Die Diakonie setzt sich für ein besseres Miteinander ein – also für mehr Respekt in der Gesellschaft. Das will sie erreichen, indem sie die Integration von Randgruppen unterstützt: So hat sie unter anderem ein professionelles Team ausgebildet, das schwerkranke Kinder zu Hause behandelt. Außerdem haben sie ein Instrumentarium entwickelt, mit dem sich Menschen mit schwerwiegender Behinderung verständigen können.
Am Ende der Veranstaltung, die zum dritten Mal in Nürnberg stattfand, wurde die Löhe-Medaille verliehen. Diese ehrt diejenigen, die sich dem Motto der Nächstenliebe verschrieben haben und die ein herausragendes Engagement für die Gesellschaft zeigten. Geehrt wurde Serafim Joanta, der sich besonders für eine Zusammenarbeit der rumänisch-orthodoxen und der evangelischen Kirche einsetzt. Auch Hans Rösler wurde die Ehre der Medaille zuteil, weil er sich besonders für den Ort Neuendetteisau engagierte. Dort wurde die Diakonie gegründet und dort hat sie neben Nürnberg das größte Zentrum.
Die Ehrengäste des Abends verbindet also vor allem eines: Respekt – vor Menschen, vor dem Glauben oder vor der Heimat. Schließlich kommt auch Demirkan auf eine Definition für das Wort mit den sieben Buchstaben. „Respekt ist, jemand Anderem in die Augen zu sehen. Respekt ist, wenn man niemandem das antut, was man nicht will, das man dir antut.“ Nur so könne man sich gegen Ausbeutung sowie Erniedrigung schützen und Frieden in einer Gesellschaft sichern.