Die christliche Frau in der Familie, in der Kirche und in der Gesellschaft (Weihnachtspastorale 2025)

Maria aber sprach: Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast!” (Lukas 1,38)

Hochwürdige und Ehrwürdige Väter, geliebte Gläubige,

Wir danken Gott, dem Grundgütigen, dass Er uns würdig gemacht hat, die hohen Feste der Geburt des Herrn, der Beschneidung und Namensgebung des Jesuskindes (Neujahr) sowie der Taufe des Herrn in Frieden zu feiern. Um sie genießen zu können, haben wir uns alle nach besten Kräften durch Fasten und verstärktes Gebet vorbereitet, durch das Bekenntnis unserer Sünden im Sakrament der Beichte und den Empfang der Heiligen Kommunion mit Leib und Blut des Herrn in der Heiligen Liturgie. Jede Freude im Leben kommt nach Anstrengung: Je mehr wir uns durch Fasten und Gebet auf diese Feste vorbereitet haben, desto mehr genießen wir sie heute und empfangen Gottes Segen.

Die Geburt des Herrn ist, wie der Heilige Johannes von Damaskus (8. Jh.) sagt, „das einzig Neue unter der Sonne seit der Erschaffung der Welt”. Gott, der Himmel und Erde durch Sein allmächtiges Wort erschaffen hat; Gott, der über der ganzen Schöpfung steht, Er, der unendliche Gott, erniedrigt Sich so sehr, dass Er Mensch wird, um die Menschen von der Knechtschaft der Sünde und des Todes zu befreien. „Er erniedrigte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an … und wurde gehorsam bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz“ (Philipper 3,7–8). Dieses Geheimnis der Demut Gottes übersteigt den Verstand; es kann nur im Glauben erfasst werden. Ohne Glauben ist es unmöglich, die Geheimnisse Gottes und die Geheimnisse unseres Lebens zu verstehen. „Alles ist Gnade“, sagen die Kirchenväter, nichts geschieht zufällig, sondern alles ist Vorsehung; Gott verbirgt sich in allem. Und Glaube bedeutet genau die Demut des Geistes und die Annahme von Geheimnissen, die nicht gegen den Verstand gerichtet sind, sondern über ihn hinausgehen. Wahrer Glaube ist die innige Annahme all dessen, was Gott uns in Seinem Wort des Alten und Neuen Testaments geoffenbart hat, wie auch die Erfüllung Seiner Gebote, die uns zu unserem irdischen und ewigen Heil gegeben wurden. Der Heilige Apostel Paulus sagt: „Wer mit dem Herzen glaubt, wird gerecht; und wer mit dem Munde bekennt, wird selig.” (Römer 10,10) Glaube entspringt also dem Herzen und prägt alles, was wir sagen und tun. Vater Thaddäus von Vitovnica (Serbien; † 2003)[1]   ermahnte die Gläubigen stets: „Denkt mit dem Herzen, sprecht mit dem Herzen und handelt mit dem Herzen!“ Seid warmherzige und gütige Menschen wie Gott!

Die Mutter Gottes empfing in ihrem Herzen die Botschaft des Erzengels Gabriel, der ihr ihre Berufung verkündete, den Sohn Gottes zu gebären und Jungfrau zu bleiben, wie sie es seit ihrer Kindheit versprochen hatte. Sie demütigte sich und sprach: „Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast!” (Lukas 1,38) In diesem Augenblick wurde der Sohn Gottes in ihrem Schoß empfangen, durch das Wirken des Heiligen Geistes. Demut bedeutet, nicht auf sich selbst zu vertrauen, sondern auf Gott zu vertrauen, Ihm zu gehorchen und Seinen Willen zu erfüllen. Denn Gott will das Wohl und das Heil jedes Menschen. Er will, „dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen“ (1. Timotheus 2,4). Deshalb „wirkt Gott alles zum Guten für die, die an Ihn glauben und Ihn lieben“ (Römer 8,28). Die Mutter Gottes ist das höchste Vorbild an Glauben, Demut und Gehorsam: für Mütter und Jungfrauen und für alle, die ihre Seelen retten wollen.

Geliebte Gläubige,

Die Heilige Synode der Rumänischen Orthodoxen Kirche hat das Jahr 2026 zum „Ehrenjahr der Seelsorge an der christlichen Familie“ und zum „Gedenkjahr der heiligen Frauen des Kalenders (die balsamtragenden Frauen, Märtyrerinnen, fromme Frauen, Ehefrauen und Mütter)“ erklärt. Im kommenden Jahr sind wir aufgerufen, über die Rolle der Familie, insbesondere der christlichen Frauen, in Kirche und Gesellschaft nachzudenken und sie besser zu verstehen. Die Familie ist Gottes Geschenk zur Erhaltung der Menschheit: „Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan“ (Genesis 1,28). So gebot Gott es den ersten Menschen. Wenn wir nach Gottes Gebot leben und allen Kinder, die Er in die Welt sendet, das Leben schenken, werden wir Seinen Segen empfangen, und die Menschheit wird nicht aussterben. Die Harmonie der Gesellschaft, in der wir leben, hängt von der Liebe und gegenseitigem Verständnis in der Familie ab. Nirgendwo auf der Welt spiegelt sich Gottes Liebe besser wider als in der Familie. Die Liebe ist nicht bloß ein vages Gefühl und beschränkt sich nicht auf fleischliche Genüsse, sondern ist aufopfernd: „Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, (…), sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, (…) sie erträgt alles, sie duldet alles. Die Liebe hört niemals auf.“ (Vgl. 1. Korinther 13) Der Liebeshymnus in Kapitel 13 des Briefes an die Korinther des heiligen Apostels Paulus ist der schönste Hymnus, der je über die Liebe geschrieben wurde. Dieses Kapitel sollte täglich gelesen werden, besonders wenn durch den Neid des Teufels Missverständnisse zwischen Menschen entstehen. Wenn wir es im Glauben lesen, fühlen wir uns plötzlich befreit von aller Feindschaft und Unruhe, die wir in unseren Seelen tragen. Denn die Seele findet nur durch Vergebung und Geduld in allen Versuchungen und Nöten des Lebens Ruhe. Der Heilige Johannes Chrysostomus (4. Jh.) sagte, die Familie sei „die kleine Kirche“, in der Vater, Mutter, Kinder und Großeltern den Glauben durch tägliches Gebet, das Lesen der Heiligen Schrift und erbaulicher Bücher, durch Fasten und Nächstenliebe gegenüber bedürftigen oder leidenden Mitmenschen leben. Die Familie ist die erste Schule des Lebens, in der die Kinder den Glauben und seine Werte entdecken, beten lernen, Gut und Böse unterscheiden und lernen, gut und gehorsam zu sein. Müttern kommt im Blick auf die Erziehung eine grundlegende Rolle zu. Wir alle können sagen, dass wir unseren Glauben von unseren Müttern oder Großmüttern empfangen haben, die uns das Beten lehrten und uns als Kinder mit in die Kirche nahmen. Glaube, nicht materieller Besitz, ist das größte Erbe, das wir unseren Kindern hinterlassen können, damit sie gesund aufwachsen und im Leben Erfolg haben. Gott der Herr hat der Frau ein besonderes Empfinden verliehen; während der Mann eher mit dem Verstand urteilt, urteilt die Frau eher mit dem Herzen. Doch Verstand und Herz ergänzen einander. Deshalb schuf Gott den Menschen als „Mann und Frau“, um eins zu sein und ein harmonisches Ganzes zu bilden. Das Herz ist jedoch der Mittelpunkt des Menschen. Im Herzen konzentrieren sich wie in einem Brennpunkt alle Energien, die unser Wesen, die gesamte Menschheit und das ganze Universum durchdringen. Denn das Herz ist die Wohnstätte Gottes. Und wo Gott ist, ist die gesamte Schöpfung. Die Tatsache, dass nur Männer zu Priestern geweiht werden, bedeutet nicht, dass Frauen ihnen unterlegen sind. In der Kirche hat jeder seine eigene Berufung, und es gibt kein „groß“ oder „klein“. Vor Gott sind wir alle gleich. Die Mutter Gottes, die Myrrhenträgerinnen und die unzähligen heiligen Frauen, Mütter und Jungfrauen aller Zeiten standen den heiligen Hierarchen und Priestern, die wir in unserem Heiligenkalender haben, in nichts nach. Heiligkeit hängt allein von der Reinheit des Lebens ab. In unseren Kirchen sind Frauen präsenter und aktiver als Männer, angefangen beim Singen in der Kirchenbank über das Schmücken der Kirche und die Reinigung des Gotteshauses bis hin zur Katechese der Kinder. War die Rolle der Frau früher auf Hausarbeit und Kindererziehung beschränkt, so üben heute die meisten Frauen – wie die Männer – Berufe und auch öffentliche Ämter aus und beweisen dabei dieselbe Kompetenz wie jene. Am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft sind christliche Frauen aufgerufen, durch ihre Kleidung und ihr Auftreten, durch Ernsthaftigkeit und ehrliche Arbeit Zeugnis von ihrem Glauben abzulegen. Der heilige Apostel Petrus ermahnt die Frauen: „Euer Schmuck soll nicht äußerlich sein – mit Haarflechten, goldenen Ketten oder prächtigen Kleidern –, sondern der verborgene Mensch des Herzens, unvergänglich, mit sanftem und stillem Geist: Das ist köstlich vor Gott.“ (1. Petrus 3,3-4). Und der heilige Apostel Paulus sagt, dass eine Frau „gerettet wird dadurch, dass sie Kinder zur Welt bringt, wenn sie mit Besonnenheit im Glauben und in der Liebe und in der Heiligung bleibt.“ (1. Timotheus 2,15).

Geliebte Gläubige,

Die Heilige Synode unserer Kirche hat nach ausgiebiger Erforschung ihres Lebens die Heiligsprechung von 16 Frauen mit heiligem Leben beschlossen (heilige Märtyrerinnen, Nonnen, Gemahlinnen von Herrschern, Mütter von Heiligen und Bekennerinnen des Glaubens. Davon möchten wir hier folnde erwähnen:

  • Maria Brâncoveanu, Gemahlin des Heiligen Woiwoden und Märtyrers Constantin Brâncoveanu (Gedenktag am 16. August);
  • die Heilige Filofteia von Pasărea, Mutter des Heiligen Hierarchen Calinic de la Cernica (Gedenktag am 12. April);
  • die Heilige Märtyrerin Evloghia von Samurcășești (Gedenktag am 19. Dezember);
  • die Heilige Elisabeta von Pasărea (Gedenktag am 5. Juni);
  • die Heilige Mavra von Ceahlău (Gedenktag am 4. Mai);
  • die Heiligen Nazaria und Olimpiada vom Kloster Văratic (Gedenktag am 17. August);
  • die Heilige Olimpia von Fărcașa, Mutter des Heiligen Petroniu von Prodromu (Gedenktag am 4. Juli);
  • die Heilige Bekennerin Blandina von Iași/Jassy (15 Jahre Lagerhaft in Sibirien; Gedenktag am 24. Mai);
  • die Heilige Anastasia Șaguna, Mutter des Heiligen Hierarchen Andrei Șaguna, (Gedenktag am 1. Dezember);
  • die Heilige Filotimia von Râmeț, Mutter des Heiligen Dometie des Barmherzigen (Gedenktag am 6. Juli);
  • die Heilige Antonina von Tismana (Gedenktag am 23. Dezember);
  • die Heilige Matrona von Hurezi (Gedenktag am 5. Mai).

All diese heiligen Frauen sind uns allen, insbesondere den Christinnen, ein Vorbild an Glauben, Demut und Geduld im Kampf mit den Härten des Lebens. So gilt: „Weil wir eine solche Wolke von Zeugen um uns haben, lasst uns ablegen alles, was uns beschwert, und die Sünde, die uns umstrickt. Lasst uns laufen mit Geduld in dem Kampf, der uns bestimmt ist, und aufsehen zu Jesus, (…) der das Kreuz erduldete und die Schande gering achtete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes.“ (Hebräer 12,1–2). Lasst uns die Mutter Gottes und die neu heiliggesprochenen Frauen anrufen, dass sie uns helfen, unsere Kirche und unser Volk zu lieben. Ich lege Euch diese Gedanken zu den Heiligen Feiertagen ans Herz und umarme Euch väterlich in Christus dem Herrn, Der in der Höhle von Bethlehem geboren wurde, und rufe Seinen Segen auf euch alle herab.

Ein Gesegnetes Weihnachtsfest!

Und „Ad multos annos” – „Auf viele Jahre”

 

† Metropolit Serafim von Deutschland, Zentral- und Nordeuropa

Nürnberg

 

Hinweis: Im Februar 2026 erscheint das deutschsprachige Buch „Heilige der rumänischen Lande” von Protosingel Dr. Ioan Popoiu, das alle Heiligen präsentieren wird, die von der Rumänischen Orthodoxen Kirche verehrt werden (Schiller Verlag, ca. 400 S., ISBN 978-3-949583-81-0; Deutsch-Rumänische Theologische Bibliothek, Bd. 13; 24,90 €).

 

[Übersetzung: Pfarrer Dr. Jürgen Henkel, Selb]

[1] Vitovnica ist ein Dorf in der Gemeinde Petrovac na Mlavi in ​​Serbien. Dieses Dorf war der Geburtsort des bedeutenden serbischen spirituellen Schriftstellers Thaddäus von Vitovnica. Das Dorf beherbergt auch das Vitovnica-Kloster der Serbisch-Orthodoxen Kirche.