Das Sakrament der Beichte und das Sakrament der Eucharistie – Weihnachten 2013

Das Sakrament der Beichte und das Sakrament der Eucharistie

 SERAFIM

Durch Gottes Gnade Erzbischof der Orthodoxen Rumänen in Deutschland, Österreich und Luxemburg und Metropolit der Orthodoxen Rumänen in Deutschland, Zentral- und Nordeuropa

Ehrwürdige Väter und geliebte Gläubige,

Wir danken Gott dem Grundgütigen, dass Er uns ein neues Mal die Gnade schenkt, das Große Hochfest der Geburt  nach dem Fleisch Seines Sohnes, unseres Erlösers Jesus Christus, zu feiern. Wir danken Gott für alle Gaben und Wohltaten, die er unablässig jedem von uns und der ganzen Welt schenkt, auch wenn wir nicht immer wahrnehmen, dass „alles Gnade ist“, dass also alles eine Gabe Gottes ist, wie uns die Heilige Schrift und die gesamte geistliche Tradition unserer Kirche lehrt. Das bedeutet, dass alles, was in unserem Leben und in der gesamten Welt geschieht, durch die Vorsehung oder aus Fürsorge Gottes geschieht: das Gute ist ausschließlich eine Gabe Gottes, das Böse aber wird von Ihm zugelassen um unserer Sünden willen, aber nicht zu unserem Schaden, sondern zu unserer Erlösung. „Denn Gott will, dass alle Menschen erlöst werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“ (1. Tim. 2,4) und daher „wissen wir, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen“ (Röm. 8,28).

Die Gnade Gottes, die uns bei der Taufe geschenkt wird und die uns immerzu über die Heiligen Sakramente der Kirche wie auch durch das persönliche Gebet, durch Fasten und alle Guten Werke, die wir tun, vermittelt wird, ist die Kraft Gottes, die uns inspiriert und hilft, allezeit Gutes zu tun, unsere Nächsten zu lieben und ein heiliges und reines Leben zu führen. „Ohne Mich könnt ihr nichts tun“, sagt der Erlöser Jesus Christus (Joh. 15,5).

Und tatsächlich können wir ohne Gott nichts tun! Daher ist „alles Gnade“, alles ist eine Gabe Gottes für uns, für die wir Gott unablässig danken müssen, denn nichts ist für den Menschen nützlicher als Danksagung: und zwar Dank gegenüber Gott und Dank gegenüber unseren Mitmenschen. Denn wie der Volksmund sagt: „Dem Undankbaren entzieht Gott seine Gabe“ (rum. „nemulţumitului îi ia Dumnezeu darul“). So danken wir Gott an diesem heiligen Feiertag für unsere Gesundheit, die Er uns schenkt, wir danken Ihm dafür, dass Er uns alles Lebensnotwendige schenkt, das wir zum Leben brauchen, dass Er uns schenkt, was wir zum essen und anziehen brauchen und wir ein Dach über dem Kopf haben. Wir danken unseren Nächsten, unserer Familie und der Gesellschaft, in der wir leben, weil sie uns so akzeptieren, wie wir sind – mit all unseren Qualitäten und Fehlern, die wir haben. Und wenn wir immerzu danken, dann kommt die Gnade Gottes umso mehr über uns! So sagt auch der heilige Isaak der Syrer (7. Jh.): „Was die Gnade Gottes im Menschen bewirkt, ist ein Herz, das zu unendlichem Dank hin bewegt wird. Was aber Versuchungen in die Seele streut, ist die Undankbarkeit, die im Herzen unablässig flüstert. Gott hat Geduld mit allem menschlichen Unvermögen, doch er zögert nicht, den mit Rat zu tadeln, der unablässig flüstert“, also den, der fortwährend unzufrieden ist.     

Meine geliebten geistlichen Kinder,

das Jahr 2014 wurde vom Heiligen Synod unserer Kirche auf Vorschlag Seiner Seligkeit Patriarch Daniel zum „Eucharistischen Jahr der Heiligen Beichte und der Heiligen Kommunion und Jahr der Brâncoveanu-Märtyrer“ erklärt, an deren Märtyrertod durch Enthauptung vor 300 Jahren gedacht wird. Durch dieses Jahr will der Heilige Synod, der aus allen Bischöfen der Kirche besteht, uns alle – die Bischöfe, die Priester und die Gläubigen – ermutigen, uns besser darüber klar zu werden, was die Heilige Beichte und die Heilige Kommunion für jeden von uns bedeuten, damit wir diese lebensspendenden Sakramente noch besser gebrauchen als wir dies bisher tun. Wir sollen uns also noch mehr über die Vergebung freuen, die uns von Gott im Sakrament der Beichte geschenkt wird, und an dem Leben, das uns durch das Sakrament der Kommunion an Leib und Blut unseres Herrn Jesus Christus geschenkt wird. Leider beichten unsere Gläubigen sowohl im Land wie auch in der Diaspora viel zu selten und empfangen die Heiligen Sakramente viel seltener als die Gläubigen anderer orthodoxer Kirchen wie etwa Griechen und Russen. Wenn wir an irgendeinem Sonntag in eine griechische oder russische Kirche gehen, werden wir sehen, dass die Mehrzahl der anwesenden Gläubigen die Heilige Kommunion an Leib und Blut Christi empfangen. Wir haben Pfarreien, in denen sogar in den Heiligen Fastenzeiten des Jahres und zur Großen Fastenzeit nur sehr wenige Gläubige die Heilige Kommunion empfangen. Es ist eine traurige Wirklichkeit, dass die Mehrzahl unserer Gläubigen niemals beichten und niemals die Kommunion empfangen. Wir tragen als Bischöfe und Priester die Verantwortung dafür, weil wir die Gläubigen nicht ausreichen dazu anleiten, zu beichten und die Kommunion zu empfangen. Und oft erlegen wir ihnen Dinge auf, die wir selbst nicht auf uns nehmen. Ich denke hier an das dreitägige Fasten, das einige Priester – freilich nicht unbedingt aus unserer Metropolie – von den Gläubigen vor dem Empfang der Heiligen Kommunion verlangen, oder auch dass wir immer die Heilige Kommunion an die Heilige Beichte binden. Die meisten Gläubigen denken, dass wir nicht die Heilige Kommunion empfangen können ohne vorher die Beichte empfangen zu haben. Doch müssen wir wissen, dass kein Kanon der Kirche und kein heiliger Kirchenvater irgendeine Fastenübung vor dem Empfang der Heiligen Kommunion vorschreibt oder die Heilige Kommunion an die Beichte als Bedingung bindet. Ganz im Gegenteil verlangen die Kanones und die Kirchenväter, dass alle Christen, die an der Göttlichen Liturgie teilnehmen, auch die Heilige Kommunion empfangen, weil sonst die Liturgie, welche das Mahl des Herrn ist, ihren tiefen Sinn nicht erreicht, uns mit Leib und Blut Christi zu nähren. Niemand, der zu einem Mahl eingeladen ist, setzt sich zu Tisch ohne vom vorbereiteten Essen zu speisen. Genauso lädt uns auch unser Erlöser zu Seinem Mahl, das die Heilige Liturgie ist, um uns mit Seinem Leib und Blut zu nähren.

Die einzige Bedingung, die von uns gefordert wird, um jedes Mal die Kommunion zu empfangen, wenn wir an der Göttlichen Liturgie teilnehmen, ist die, dass wir nicht durch Todsünden aus dem Stand der Gnade gefallen sind, d.h. aus dem Stand derer, die durch ihre Taufe zu Gliedern der Kirche geworden sind. Denn große Sünden bzw. „Todsünden“ trennen uns von Christus und lassen uns aus dem Stand der Gnade fallen, den wir bei der Taufe empfangen haben. In diesem Falle müssen wir auf jeden Fall beichten, unsere Sünden beweinen und einen Fasten- und Gebetskanon erfüllen, um Vergebung von Gott zu empfangen. So setzt uns die Beichte, nachdem wir den vom geistlichen Beichtvater verfügten Kanon erfüllt haben, wieder in den durch die Sünde verlorenen Stand der Gnade ein und gliedert uns wieder in die Kirche ein, damit wir die Heiligen Sakramente Christi empfangen können. Die „Todsünden“ – die so heißen, weil sie als Strafe den Tod nach sich ziehen, wenn wir sie nicht beichten und ernsthaft bereuen – sind aber diese: das Verleugnen Christi durch Unglauben oder Lästern Seines Namens durch Fluchen, Mord (einschließlich der Abtreibung durch Operation oder sogenannte empfängnisverhütende Medikamente, die eine Frühgeburt auslösen), Ehebruch oder Übertreten der ehelichen Treue einschließlich des Zusammenlebens ohne kirchliche Trauung, Hass und Zorn, d.h. das Unvermögen denen zu verzeihen, die uns Böses getan haben, wie auch das Begehen von Unrecht gegenüber unsren Nächsten durch Lüge und Diebstahl, um von deren Arbeit zu profitieren. Diese Sünden müssen auf jeden Fall gebeichtet werden, um von Gott die Absolution zu erhalten und unser Gewissen zu erleichtern. Doch es gibt noch zahllose andere kleine Sünden, die keine „Todessünden“ sind (vgl. 1. Joh. 5,16-17) und die wir alle tagtäglich begehen, die aber keinen Hinderungsgrund zum Empfang der Heiligen Sakramente darstellen. Auch diese müssen wir beichten, aber es ist nicht gut, dass wir die Kommunion an die Beichte dieser Sünden binden. Wir können also nach einer Beichte mehrfach die Kommunion empfangen. Wir brauchen dazu die Zulassung und den Segen des Priesters. Gewiss ist es sehr gut, so oft als möglich alle unsere Sünden zu beichten. Absolut notwendig ist die Beichte, wenn wir durch die oben genannten Sünden schwer gesündigt haben. Wer diese Sünden begangen hat, kann sich den Heiligen Sakramenten nicht ohne Beichte und Erfüllung des Beichtvaters verhängten Bußkanons annähern.

Im Blick auf das Fasten wird von den Kanones keine andere Fastenübung vor der Kommunion an Leib und Seele Christi verlangt als das von der Kirche angeordnete Fasten, also das Fasten am Mittwoch und Freitag und zu den vier Fastenzeiten im Jahr. Gut ist es außerdem, wenn wir immer vor der Kommunion die entsprechend vorgesehenen Gebete beten. In diesen Gebeten bekennen wir, dass wir unwürdig sind, die Heiligen Sakramente Christi zu empfangen, doch nähern wir uns ihnen an in dem Glauben, dass Christus niemand abweist, der sich Ihm in Liebe zuwendet und dass wir durch die Eucharistie Vergebung und Überwindung unseres seelischen und leiblichen Unzulänglichkeiten empfangen.

Ich lege Ihnen allen also ans Herz, so oft als möglich und sogar regelmäßig am Sonntag die Eucharistie zu empfangen, wenn Sie nicht in den oben genannten Todsünden leben. Wer aber durch die Versuchung des Teufels in eine dieser Sünden gefallen ist, möge  so schnell als möglich zum Beichtvater eilen und beichten. Die ehrwürdigen Väter bitte ich von Herzen, die Gläubigen immerzu zum Heiligen Kelch zu rufen und sie mit der heiligsten Speise zu nähren, die immerzu auch ein Heilmittel für Leib und Seele ist. Der Gute Hirte lässt sein Leben für seine Schafe und führt sie auf die beste Weide. Diese Weide ist nichts anderes als die Heilige Eucharistie.

Geliebte Gläubige,

unsere Metropolie hat als Patrone die Heiligen Brâncoveanu-Märtyrer: den Fürsten Constantin und seine Söhne Constantin, Ştefan, Radu und Matei sowie seinen Berater Ianache, die am 15. August 1714 den Märtyrertod durch Enthauptung in Konstantinopel erlitten haben. Die Brâncoveanu-Märtyrer sind die lebendigsten Vorbilder im Glauben aus unserer ganzen Geschichte; auch wenn sie reich waren, hing ihr Herz nicht am Reichtum, sondern sie haben ihren christlichen Glauben mit dem Preis ihres Lebens bezeugt. Sie hätten ihr Leben retten können, wenn sie sich von Christus losgesagt hätten, doch sie haben es nicht getan, um ihre Seelen nicht für die Ewigkeit zu verlieren. Verstehen wir es, unseren orthodoxen Glauben zu bewahren und in der Welt zu praktizieren, in der wir leben? Vor allem weil niemand von uns verlangt, unserem Glauben zu entsagen. Leider lassen sich viele von uns leicht einwickeln von den Wellen dieser Welt, verlieren uns in den Sorgen des Lebens und vergessen das Gebet, vergessen das Fasten und die Kirche. Wir stehen nicht mehr füreinander ein und erziehen unsere Kinder nicht mehr in der heiligen Gottesfurcht, indem wir sie zur Kirche bringen, damit sie immerzu Leib und Blut Christi empfangen. So verlieren wir uns in dieser Welt und werden uns auch, wenn wir nicht rechtzeitig aufwachen, auf ewig verlieren. Daher lässt Gott der Herr auch alle Arten von Versuchungen und Leid über uns kommen als Konsequenzen aus unserer Sünde, damit wir wenigstens so zu Ihm zurückkehren.

Ich lege Ihnen diese heiligen Lehren ans Herz in der Hoffnung, dass Sie diese zu Ihrem Besten einhalten und übermittle Ihnen zum Weihnachtsfest und zum Neuen Jahr herzliche Segenswünsche für ein gesundes und langes Leben.

Gesegnete Feiertage und Ein Gnadenreiches Neues Jahr!

Euer Euch allezeit Gutes wünschender und allzeit innig zum Herrn betender

Serafim

Erzbischof und Metropolit

(Übersetzung: Dr. Jürgen Henkel, Selb)