Hl. Fürst Neagoe Basarab von Wallachei

Neagoe Basarab war einer der rumänischen Fürsten, die dem christlichen Osten gegenüber am großzügigsten waren. Erinnern wir uns nur daran, daß ihn das Patriarchat von Konstantinopel zu seinen „Gründern“ zählt.

Zwischen 1512 und 1515 renovierte Neagoe Basarab einige Klöster aus Athosberg, wie Dionisiu. Nach der Heiligsprechung seines Beichtvaters, des Patriarchen Niphon, der seine letzten Jahre in Dionisiu verbrachte, ließ Neagoe dort eine dem Heiligen Niphon geweihte Kapelle bauen. Einigen hinweisen zufolge soll auch die Hauptkirche selbst auf Kosten von Neagoe erbaut worden sein. 1534 wurde diese Kirche von Grund auf neu erbaut, nachdem ein Brand sie zerstört hatte. Fürst Peter Rares der Moldau ließ sie bemalen. Neagoe Basarab finanzierte auch die Renovierung des Klosters Vatopedi mit und versah es mit einer der Muttergottes geweihten Kirche.

 Die Lehren des Fürsten Neagoe an seinen Sohn Theodosius

Text aus: Metropolit Serafim – Hesychasmus, Rumänische Tradition und Kultur, Der Christliche Osten Verl., Würzburg, 2003; Kap. IV: Die Lehren des Neagoe Basarab an seinen Sohn Theodosius. Der hesychastische BEitrag des Buches“

Die patristische Literatur hesychastischer Prägung, die aufgrund dieser engen Beziehungen zum Berg Athos, zu den alten Zentren orthodoxer Kultur und zu Rußland nach Rumänien kam, fand in den rumänischen Klöstern das ideale Umfeld für eine kräftige Blüte. Ab dem 15. Jahrhundert werden die Klöster regelrechte Schulen für Kopisten, wo die patristischen Schriften in slawischer Sprache (bis zum 18. Jahrhundert Amtssprache und Sprache der Gebildeten) vervielfältigt und von wo aus sie nicht nur innerhalb des rumänischen Mönchtums, sondern auch oft jenseits der Donau, unter Serben und Bulgaren,verbreitet werden. In den Schriften dieser Epoche finden sich praktisch alle wichtigen Werke der patristischen und asketischen Literatur wieder, bis zu den Autoren neuesten Datums: Gregor von Sinai, die Patriarchen Kallistus, Philoteos Kokkinus, Euthymios von Târnovo … Die meistgelesensten Autoren waren die Heiligen: Johannes Klimakus (von Gregor Sinaitebenfalls aufs wärmste empfohlen und dessen Leiter auf zahlreichen Außenwänden von Kirchen neben dem akathistischen Hymnus zu finden ist), Johannes Chrysostomos  (zweifellos für seine „soziale“ Doktrin, ein erneuter Beweis dafür, wie nahe die Mönche dem Volk standen), Ephraim der Syrer, Isaac der Syrer, Makarius der Große, Gregor der Theologe, Dorotheus von Gaza, etc.1

Die Rumänen beschränkten sich aber nicht allein darauf, die in ihr Land gelangten patristischen Schriften abzuschreiben. Vom 15.bis zum 17. Jahrhundert gibt es auch eine eigene, auf rumänischem Boden von Mönchen oder Laien verfaßte Literatur.2

Das Meisterwerk literarischen und theologischen Schrifttums jener Epoche, die Lehren des Neagoe Basarab an seinen Sohn Theodosios, stellt eine „geniale Synthese mittelalterlicher rumänischer Kultur und das erste literarische Werk von universellem Wert“ dar.3

Wer war Neagoe Basarab? Was läßt sich über seine Persönlichkeit sagen und wie konnte ein Wojewode ein Buch vornehmlich religiösen Inhaltes schreiben, welches manche Gelehrten eher einem Mönch oder einem gelehrten Theologen zuschrieben?4

Obwohl die historischen Quellen zur Person des walachischen Fürsten Neagoe Basarab (1512-1521) ziemlich dürftig sind, sprechen seine Schriften bezüglich seiner Persönlichkeit eine deutliche Sprache. Die rumänische Geschichtsschreibung des Mittelalters beschreibt Neagoe als einen „noch nie dagewesenen Wohltäter der Orthodoxie, sowohl in der Walachei und in den anderen rumänischen Ländern, als auch im gesamten Osten und der südlichen slawischen Welt“, als den größten Erbauer von Kirchen und Klöstern im 16. Jahrhundert, „ein großer Freund der Schreibkunst“ und „ein Mann der Kultur“.5 Rumänien verdankt ihm – man bedenke seine kurze Regierungszeit – eine beeindruckende Anzahl architektonischer Werke. Für den Berg Athos ist er „der große Wohltäter des gesamten heiligen Berges“ und die Kirchen von Konstantinopel, vom Berg Sinai, von Jerusalem und Serbien zählen ihn zu ihren „Gründervätern“.6

Neagoe Basarab hinterließ der Nachwelt zwei äußerst bemerkenswerte Monumente: das berühmte Kloster Curtea de Argeş und eingelehrtes Werk, die Lehren an seinen Sohn Theodosios. Eine „Kathedrale aus Stein“ und eine „literarische Kathedrale“7, die sich ineinander wiederspiegeln. Für die majestätische und elegante Kirche von Curtea de Argeş (in der ein Fresko den Gründer in all der Pracht eines byzantinischen Imperators darstellt. N. Iorga beschrieb Neagoe als einen „Wojewoden mit den Bestrebungen eines Basileios“!) stellten ihn seine Zeitgenossen auf eine Stufe mit Justinian und verglichen seine Kirche mit der Haghia Sophia in Konstantinopel. Seine Lehren ließen ihn für die Nachwelt als einen „Patriarchen der rumänischen Wojewoden“ erscheinen., als einen Gesetzgeber, der die politischen und religiösen Konzeptionen seiner Zeit und den Verhaltenskodex eines christlichen Fürsten kodifizierte (L. Vranussis). Deswegen sah der rumänische Gelehrte B.P. Hasdeu in Neagoe einen „Marc Aurel der Walachei“8, und der russische Gelehrte Jatemirskij einen „Fürsten und Philosophen, exzellenten Stilistiker, profunden Denker und scharfsinnigen Moralisten und Schriftsteller.“9

Neagoe Basarab wurde von jung auf zutiefst von der monastischen Spiritualität beeinflußt. Übrigens stand seine gesamte Epoche unter dem Einfluß der monastischen Spiritualität. Dies zeigte sich sogar im Wortlaut der amtlichen Schriftstücke.10 Der zukünftige Fürst hatte in seiner Jugend lange Zeit zwischen den Mönchen von Bistritza gelebt, in jenem Hort monastischer Kultur, der in seiner Bedeutung dem Kloster Neamtz in der Moldau gleichkam. Sein Lehrer und geistiger Vater war Niphon, ehemaliger Patriarch von Konstantinopel und berühmter Hesychast sowie späterer Metropolit der Walachei.11 So erklärt sich die besondere Fürsorge Neagoes für das hesychastische Leben in seinem Land, welches ihm ein Zeitalter größter Entfaltung zu verdanken hatte. Die Spezialisten haben sogar überraschende Parallelen zwischen den Lehren und den kleinen hesychastischen Kirchen des Komplexes Buzău festgestellt, den er restaurieren ließ.12

Es überrascht nicht, daß Neagoe Basarab „sogar versucht hat, den Typus eines hesychastischen Monarchen zu realisieren“13 Zu jener Zeit verließen Bojaren, Mütter, Ehefrauen und Töchter von Wojewoden ihre Familien, um ins Kloster zu gehen. Mitglieder seiner Familie, der Großban (Gouverneur) Barbu Craiovescu und seine Frau Neagoslava gingen in das von ihnen errichtete Kloster Bistritza unter den Namen Pachomius und Salome. Mehr noch; nach dem Tode des Fürsten im Jahre 1521 ging seine Gemahlin Despina, die serbischer Abstammung war, ebenfalls ins Kloster.

Die Lehren sind ein beredtes Zeugnis für die hesychastische Erziehung des rumänischen Fürsten. Genauer gesagt, reihen sie sich in die kabasileische Spiritualität ein, eine hesychastische Spiritualität, die an die Bedürfnisse von Laien „angepaßt“ worden war. Ihr Autor glaubt daran, daß jedermann, vom Fürsten bis zum niedrigsten Untertanen, die Möglichkeit hat, die christliche Vollkommenheit zu erreichen und gleichzeitig seinen Pflichten nachzugehen, ohne aus der Welt zu gehen und ohne sich in die Einsamkeit zurückzuziehen.

Am Ende eines kurzen Lebens (er starb im Alter von 40 Jahren), bereits von der Krankheit geschwächt und im Bewußtsein, daß er dem Tod sehr nahe stand, wollte der fromme Fürst seinem Sohn und der Nachwelt einen Verhaltenskodex hinterlassen. Es sollte auch ein Testament sein, welches seine Lebenserfahrungen enthielt, die Erfahrung eines Lebens, in dem er sich „nicht nur bemüht hatte, sein Land zu regieren, sondern auch die Liebe zum Herrn aus ganzem Herzen mittels guter Werke zu praktizieren.“14

Zweifellos kannte er Basilius I den Mazedonier (867-886) oder Manuel II (1391-1425), beide Kaiser von Byzanz und folgte auch deren Beispiel. Diese hatten ebenfalls Verhaltensnormen für ihre Söhne und Nachfolger verfaßt. Neagoes Absichten sind aber universeller. Wenn der erste Teil seines Werkes speziell an Theodosios gerichtet ist und an diejenigen, die ihm an der Spitze des Staates folgen werden, und ihnen seine Vorstellung der Monarchie von Gottes Gnaden in groben Zügen vorstellt, so werden die Themen im zweiten teil vielfältiger, wobei manche Kapitel sich expressis verbis an „Patriarchen, Bischöfe, Bojaren, Äbte, Reiche und Arme“15, also an die ganze Gesellschaft richten. In seiner Eigenschaft als „von Gott Gesalbtem“, wendet sich der Wojewode, bewegt von einer großen Liebe, an alle: „Und nun wage ich, euch zu schreiben, weil ich von eurer Liebe und Zuneigung gar nicht satt werden kann“16 Was ihm am meisten am Herzen liegt, ist daß jeder nach dem Willen Gottes leben soll, gemäß seinen Geboten, die zur Vollkommenheit und dem ewigen Heil führen.

Die Lehren sind ein Werk vornehmlich spirituellen und moralischen Inhalts, die ihre Argumentation von der Grundlage einer biblischen und patristischen Theologie aus führen, welche auf ganzer Linie der orthodoxen Tradition entspricht. Der Autor schöpft ausgiebig aus dem Alten Testament (der erste Teil ist eine Anthologie alttestamentarischer Texte, vor allem aus dem Buch der Könige), aus den Evangelien und den Kirchenvätern wie Johannes Chrysostomos , Johannes Klimachus, Gregor dem Theologen, Ephraim dem Syrer, Maximus dem Bekenner, Euthymios von Târnovo sowie aus Volkserzählungen wie Varlaam und Joasaph dem Physiologen, etc.  Es ist nicht Ziel dieser Arbeit, das Buch systematisch zu analysieren, sondern seinen hesychastischen Aspekt kurz zu beleuchten.

Zuallererst muß der einheitliche Charakter des Werks von Neagoe Basarab trotz der Vielfalt der angesprochenen Themen und Zielpersonen hervorgehoben werden. Der Autor hat den homogenen Charakter der orthodoxen Spiritualität sehr wohl verstanden. Das Evangelium spricht mit all seinen Lehren und Forderungen sowohl die Gesellschaft als Ganzes als auch jeden Einzelnen, Mönch oder Laien, an. In diesem Sinne bemerkt Monsignore Antonios von Transsylvanien, daß „Neagoe sich selbst und seiner Lehre von der Vollkommenheit ganz und gar nicht widerspricht, wenn er von den Einzelheiten am Hofe, den Mahlzeiten, den Pflichten des Herrschers, die Organisation der Armee, der Auswahl der Berater oder dem Empfang von Boten“ spricht, da er „glaubt, daß die Vollkommenheit vor allem den Respekt vor den Pflichten des Menschen beinhaltet, ungeachtet des Standes, vom Wojewoden bis zum Niedrigsten“.17

Der Autor liefert keine Systematische Untersuchung über die christliche Vollkommenheit, obwohl er diese nie aus den Augen verliert. Ebenso finden sich die Elemente der hesychastischen Lehre im gesamten Buch wieder.

Er geht vom Menschen als dem „Ebenbild Gottes“18 in seinem ganzen Wesen, Seele und Leib, aus. Selbst mit der Erbsünde befrachtet, bleibt er im Grunde genommen gut und imstande, der Gnade in Christus teilhaftig zu werden. „Nachdem der Mensch der Sünde verfiel“, so schreibt Neagoe, „verließ ihn Gott nicht und entzog ihm auch nicht die ewige Gnade. Denn es steht geschrieben: Du hast ihn etwas kleiner als die Engel gemacht. Das heißt, daß Gott ihn richtete und zum Tode verurteilte. Die Gnade aber, derer er ihn von Anfang an teilhaftig werden ließ, entzog er ihm nicht.“19 Obwohl der Mensch durch den Sündenfall sterblich wurde, bleibt das Ebenbild Gottes in jedem Menschen eine unumstößliche Wahrheit. Auf dieser Wahrheit beruht die Möglichkeit der Rettung in Christus und jeder spirituelle Fortschritt.

In der Tat erschuf Christus, „Vollkommener Gott und vollkommener Mensch“20, durch seine Menschwerdung das menschliche Wesen neu21 und eröffnete ihm den Weg zur Göttlichkeit, zu dem alle Menschen gerufen werden. Der Autor zitiert die Leviten, 19,2: „Seid Heilige, weil ich heilig bin.“ und fügt hinzu: „Seid Gott wie ich Gott bin.“22 Dieses Heiligsein verwirklicht sich in jedem Menschen durch ein „synergetisches“ Werk, bei dem Gott und der Mensch zusammenarbeiten.23 Es umfaßt den Menschen in seiner gesamten Natur. An dem göttlichen Ruhm nimmt der Leib genauso Teil wie die Seele, denn er sagt „Keine Wohnstätte ist Gott so teuer wie der Leib des Menschen“.24 Hier finden wir den wesentlichen Gesichtspunkt der biblischen und patristischen Anthropologie, der von den Hesychasten des 14. Jahrhunderts so hartnäckig verteidigt wurde, wieder. Für sie bedeutete das Heil nicht Desinkarnation, sondern Transfiguration des Menschen an Leib, Seele und Geist.

„Der Leib“, sagte der Heilige Gregor Palamas, „erfährt auch die Kraft der göttlichen Mächte, wenn die Leidenschaften der Seele nicht getötet, sondern verwandelt und geheiligt werden.“25 Die Askese hat also ein positives Ziel. Sie dient dazu, „die Kräfte der Leidenschaften“ umzuwandeln und ihnen die ursprüngliche Orientierung wiederzugeben. Dies ist etwas, daß zu den grundlegendsten Bestrebungen der menschlichen Natur zählt. Die Lehren des rumänischen Fürsten gehen immer wieder auf diese „aktive Phase“ der Vollkommenheit ein. Sie erinnern an eine Aufgabe, die sich jedermann stellt, nämlich „den inneren Menschen mit allen Mitteln der traditionellen Askese zu erneuern“26: durch gemeinsames Gebet oder Gebet in der Einsamkeit, Fasten, Kontinenz und Keuschheit, Mitleid für die Armen, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit …  Das Beichten der Sünden und die Kommunion des Leibes und des Blutes Christi werden genauso empfohlen. Alle Askese führt zur Liebe Gottes27 und zur Kontemplation seines Antlitzes.28

Was den hesychastischen Beitrag des Buches angeht, muß unbedingt noch der Wert unterstrichen werden, den der Autor dem Intellekt und dem Herzen und deren Reinigung beimißt. „Der Verstand ist unter den Fähigkeiten des Menschen wie die Flagge innerhalb einer Armee.“29 Er bestimmt alles und alles hängt von ihm ab. Deswegen muß er sich von jeder Unreinheit befreien, durch Gebet, Ernsthaftigkeit im Denken30 und Besinnung31.Was das Herz angeht, so ist es der Ort, an dem der Herr wohnt.32 Es wird geläutert durch das Gebet und die Tränen, die „Flügel der Buße“.33 Der Betende vertreibt die Gedanken und „sein Herz wird erleuchtet und sieht Gott“.34 Auf diese Weise werden Herz und Verstand im Gebet vereint. Damit wären wir im Herzen des Hesychasmus!

Aus diesen Betrachtungen ergibt sich die Wichtigkeit des Gebetes, welches im gesamten Werk betont wird, selbst in den „profansten“ Kapiteln wie dem über „Missionen und Kriege“. Neagoe Basarab empfiehlt das gemeinschaftliche Gebet, Vigilien (vor allem an Feiertagen)35 und sogar das ununterbrochene Gebet36, welches mit aller Wachsamkeit vonstatten gehen soll: „Sei ernsthaft in deinem Gebet, auf daß dich das Böse nicht zerfrißt.“37 Nichts verdeutlicht die Liebe des Fürsten zum Gebet mehr als die Tatsache, daß er seine Ratschläge mit zahlreichen eigenen Gebeten und solchen aus liturgischen Werken versieht.

Einige Passagen des Buches, die von einer hohen spirituellen Erfahrung zeugen, wären es Wert, in eine philokalische Sammlung aufgenommen zu werden. Hier seien einige als Beispiele genannt:

 Über das Schweigen

Das Schweigen steht an erster Stelle. Es setzt aller Unruhe ein Ende und das führt zu Reue und tiefem Ernst. Der Ernst erzeugt die Furcht und die Furcht führt zur Demut. Die Demut richtet die Dinge, die noch kommen, und das verschafft die Liebe, die einen mit den Engeln sprechen läßt. Dann erst wird der Mensch begreifen, daß er Gott nahe ist.“38

 Über die Liebe zu Gott

Viele preisen die Keuschheit; andere loben das Fasten und die Mäßigung. Andere wiederum die Nächstenliebe und die Demut; wieder andere den Gehorsam und die Geduld. Was uns angeht, so wissen wir, daß all das sehr gut ist. Denn alle diese gaben kommen von unserem Herrn Jesus Christus. Der aber, dessen Geist rein ist und auf allem Guten beruht, suche nicht nur (die Keuschheit und das Fasten), das Gebet, die Mäßigung und die Demut … er wird alles hinter sich lassen und eine höhere Stufe des Geistes erklimmen und die Liebe Christi wie ein Brustschild anlegen. So wird sich dieser nicht um Kaisertum noch um Königtum, nicht um Patriarchat noch um Egumenat, nicht um das Bischofsamt noch um die Abtswürde und auch nicht um andere irdische Dinge sorgen, denen unsere Sorge gilt, sondern allein darum, Gott von ganzem Herzen zu lieben.39

(Nachdem Petrus Christus verleugnet hatte, sagt der Autor, hat der Herr ihn nicht über das Gebet, das Fasten, die Mäßigung oder die Demut befragt … sondern nur über die Liebe zu ihm), denn Christus wußte, daß alle Tugenden auf ihn herniederkommen würden: das Fasten, das Gebet, die Barmherzigkeit, der Gehorsam und die Geduld.40

Wenn sein Sohn dem Tische vorsitzt

Wenn er mit anderen zu Tische sitzt, braucht der Körper Nahrung und Getränk. Lasse dich also nicht zu sehr von der Freude einfangen, mein Sohn, denn der Mensch wandelt auf dieser Erde zwischen Leben und Tod. Achte darauf, daß du weder zu fröhlich, noch zu traurig bist. Denn wenn du zu traurig bist, werden es auch deine Tischgenossen sein, und das schickt sich nicht. Und wenn du zu ausgelassen bist, wird diese Ausgelassenheit Gott nicht gefallen, der sich von einer solchen Seele entfernen wird. In der Freude denke eher an Gott als an die Menschen, denn Er hat dich zum Herrscher gesalbt und nicht die Menschen. Denke also bei Tisch und in der Freude daran, daß zu tun, was Gott gefällt.41

Diese vom Wojewoden empfohlene hohe Spiritualität führt in keinster Weise dazu, daß sich der Mensch nur noch auf sich selbst besinnt. Im Gegenteil: sie öffnet ihn für seinen Nächsten und macht ihm die onthologische Einheit der ganzen Menschheit im Bildnis der Dreifaltigkeit zunehmend bewußt. In Christus sind alle Menschen „konsubstantiell“. Neagoe Basarab ist sich dessen sehr wohl bewußt, als er schreibt „ … denke daran, daß wir alle die Gliedmaßen Christi sind und daß die Ehre oder Schande unseres Nächsten einem jeden von uns und allen gebührt“42 Daher auch die starke Betonung der Liebe, einer aktiven Tugend, die sich in Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Vergebung, Mitleid mit den Armen äußert und die das Buch von Anfang bis Ende durchzieht.

Der Autor der „Lehren“ zeigt sich also als ein „erhabener Vorgänger der Spiritualität von Cernica (ein Kloster in der Walachei), einer realistischen und ausgewogenen Spiritualität, die die psycho-physischen Gegebenheiten der menschlichen Person und die Dualität des Menschen als Bewohner der Erde und des Himmels berücksichtigt.“43

 

  1. Was die patristische Literatur in der Geschichte Rumäniens angeht (vom 4. bis zum 14. Jh. einschließlich) empfiehlt sich: Mgr Nestor VORNICESCU, Die ersten patristischen Schriften innerhalb unserer Literatur, 4.-14. Jh. (auf Rumänisch), Craiova, 1984.

  2. Siehe P.P. PANAITESCU, La littérature slavo-roumaine (XVe-XVIIe s.) et son importance pour l’histoire des littératures slaves, Prag, 1931.

  3. Dan ZAMFIRESCU, Beiträge zur Geschichte der altrumänischen Literatur (auf Rumänisch), Bukarest, 1981, S. 98.

  4. Die Lehren … wurden in slawischer Sprache geschrieben, während der letzten Lebensjahre des Autors (1518-1521). Der Originaltext in Manuskriptform bestand aus etwa 320 Seiten (Format 15 x 8,5 cm zu je 21 Zeilen pro Seite), von dem lediglich ein Drittel in der Nationalbibliothek Kyril und Method in Sophia erhalten ist. Um die Mitte des 14. Jh. herum wurde der zweite Teil der Lehren von Manuel von Korinth ins Griechische übersetzt, und etwas später (im 17. Jh) wurde das gesamte Buch ins Rumänische übersetzt. Die Lehren des Neagoe waren und sind immer noch, in Rumänien und außerhalb, Gegenstand äußerst zahlreicher Studien bezüglich ihrer Echtheit, der Geschichte des Textes oder seines wahren Wertes. Was den Autor des Buches angeht, wurde die wichtigste Forschungsarbeit von Dan ZAMFIRESCU unternommen, (in Neagoe Basarab und seine Lehren an seinen Sohn Theodosios – auf Rumänisch – Bukarest, 1973, und Beiträge zur Geschichte…) der bewies, daß der rumänische Fürst zweifelsfrei der Autor ist. Vor kurzem erschien eine neue rumänische Ausgabe des Buches, dank der Mühe von G. MIHAILA, Florica MOISIL und Dan ZAMFIRESCU (Bukarest, 1970 und 1971; im folgenden wird die Ausgabe G. Mihaila zitiert). Bischof A. PLAMADEALA hat den theologischen Gehalt untersucht in „Der theologische Gehalt der Lehren des Neagoe Basarab (auf Rumänisch) in ST XXI, (1969), 3-4, S. 245-262, eine Studie, die unter dem Titel „Neagoe Basarab, Fürst der rumänischen Kultur“wiederaufgegriffen, erweitert und seinem Buch Dascali de cuget si simtire romaneasca, Bukarest, 1981, S. 13 – 62 beigefügt wurde.

  5. P.S. NĂSTUREL, „Considérations sur l’idée impériale chez les Roumains“, in Byzantina, Bd. V, Tessaloniki, 1973, S. 398.

  6. Siehe „Das Leben des heiligen Niphon von Gabriel dem Protos“(auf Rumänisch), in G. MIHAILA und D. ZAMFIRESCU, Literatura romanesca veche … , Bd. 1, Bukarest, S. 329.

  8. ibidem, S. 273.

  9. ibidem, S. 275.

10. Siehe die Einleitungen der Akten vom 16. März 1494 und 1498 des Fürsten Vlad der Mönch, bei Damian BOGDAN, Slawisch – rumänische Diplomatie (auf Rumänisch), Bukarest, 1938, S. 96-98.

11. V. GRECU, Vie de Saint Niphon. Une rédaction grecque inédite: texte parallęle grec – roumain,Bukarest, 1944, S. 93 und 97.

12. Pavel CHIHAIA, „Zu den Lehren und einigen Monumenten aus der Zeit von Neagoe Basarab“(auf Rumänisch), in Neagoe Basarab. 1512 – 1521, zitierter Bd., S. 175-192; ibidem, „Von Negru Voda zu…“, S. 240-251, besonders die Seiten 247-251.

13. Dan ZAMFIRESCU, „Die Lehren des Neagoe Basarab: das Problem der Echtheit“(auf Rumänisch), in R. St. VII, Bukarest, 1963, S. 365.

14. Eine Votivinschrift von Neagoe in der Kirche des Klosters Curtea de Argeş. Siehe P.S. NĂSTUREL, „Die Lehren des Neagoe Basarab im Lichte der Votivinschriften in der Kirche des Klosters von Curtea de Argeş“(auf Rumänisch), in MO XII (1960), 1-2, S. 16.

15. Ausg. G. Mihaila, S. 230. Oft wendet sich Neagoe im Text selbst direkt an „Väter und Brüder“oder an „Erzieher und Brüder“oder auch an „euch, ihr Laien“.

16. Ausg. G. Mihaila, S. 230.

17. „Neagoe Basarab, Fürst … ,“in Dascali … , S. 45.

18. Les Enseignements de Neagoe Basarab, le voévode de la Valachie (1512-1521). Version grecque. Edition accompagnée d’une introduction et de la traduction roumaine, von V. GRECU, Bukarest, 1942, S. 55. Im folgenden wird zitiert: Ausg. V. Grecu.

19. Ausg. G. Mihaila, S. 132.

20. ibidem, S. 221.

21. ibidem, S. 127.

22. ibidem.

23. Ausg. V. Grecu, S. 25.

24. Ausg. G. Mihaila, S. 219, 317.

25. Zitiert von V. LOSSKY, Vision de Dieu, Neuchâtel, 1962, S. 136.

26. Ausg. G. Mihaila, S. 230.

27. Ausg. V. Grecu, S. 31.

28. ibidem, S. 41.

29. ibidem, S. 175.

30. ibidem, S. 93.

31. ibidem, S. 73.

32. ibidem, S. 149.

33. ibidem, S. 181.

34. ibidem, S. 111, Ausg. G. Mihaila, S. 223.

35. Ausg. G. Mihaila, S. 126, 220, 224 …

36. ibidem, S. 223, 226, 246, 251, 269 …

37. ibidem, S. 224.

38. ibidem, S. 226.

39. ibidem, S. 235.

40. ibidem.

41. Ausg. V. Grecu, S. 73.

42. ibidem, S. 115.

43. Antonie PLAMADEALA, „Neagoe Basarab, Fürst…, in Dascali…, S. 44.