Rumänisch-Orthodoxe Gemeinde belebt Quitzower Dorfkirche

In dem meist leerstehenden Gotteshaus feiert seit einigen Wochen die Rumänisch-Orthodoxe Gemeinde ihre Gottesdienste. Ein Artikel von Renè Hill, Schweriner Volkszeitung – Ein ungewöhnliches Bild bietet sich seit einigen Wochen den Quitzowern.  Sonntags stehen jetzt immer öfter zahlreiche Autos vor ihrer Dorfkirche, einige auch mit rumänischen Kennzeichen. Dann wissen sie, dass wieder ein Gottesdienst der Rumänisch-Orthodoxen Gemeinde stattfindet. Denn diese nutzt inzwischen dieses Gotteshaus. Auch an diesem Sonntag ist es so.

Der Innenraum der Kirche hat ein leicht gewandeltes Bild. Als erstes fallen die Ikonen auf, die den Altarraum vom Kirchenschiff trennen. „Eigentlich ist es eine Ikonenwand“, sagt Pater Calin Cârmaciu, der ehrenamtliche Pfarrer der Gemeinde. Es gebe Überlegungen, für die Quitzower Kirche eine mobile Wand zu schaffen, die dann bei den orthodoxen Gottesdiensten aufgestellt wird. Der Altarraum darf nur von den Geistlichen und ihren Messdienern betreten werden.

Über 30 Gläubige sind an diesem Sonntag nach Quitzow gekommen. Das sei die durchschnittliche Beteiligung an den Gottesdiensten, so der Pater. Zwischen 30 und 40 Rumänen kommen dann in den Perleberger Ortsteil. „An hohen Feiertagen sind es zwischen 60 und 70.“

Die Perleberger Arbeiter hatten sich selbst an den Erzbischof Serafim gewandt und ihn gebeten, eine Gemeinde in Perleberg zu gründen. Durch den Schlachtbetrieb von Vion seien hier viele rumänische Arbeitskräfte, erzählt Pater Calin Cârmaciu. „Bisher sind sie immer nach Hamburg oder Berlin zu den Gottesdiensten gefahren. Doch das ist ja nicht gleich um die Ecke.“

So hätten sich die Arbeiter selbst an den Erzbischof gewandt, der auch Metropolit für Deutschland, Zentral und Nordeuropa ist. Noch im vergangenen Jahr sei die „Gründung auf dem Papier vollzogen“ worden und der Facharzt für Allgemeinmedizin Calin Cârmaciu, der in Schönfeld bei Havelberg lebt, wurde zu ihrem ehrenamtlichen Pfarrer geweiht.

Seit Ende Februar gibt es sie nun auch vor Ort. Doch nun musste eine Heimat für die Gemeinde gefunden werden. So wandte man sich an die Pfarrerin der Evangelischen Sankt-Jacobi-Gemeinde, Verena Mittermaier. Es kam zu einer Kooperation, die nun eine Mitnutzung ermöglicht. Der erste Gottesdienst habe allerdings noch in der Sankt-Jacobi-Kirche stattgefunden.

Gottesdienst nach byzantinischer Liturgie

Knapp zwei Stunden dauert der Gottesdienst, der nach der byzantinischen Liturgie abgehalten wird. Die meisteZeit steht die Gemeinde dabei. Im Altarraum wirkt Pater Calin Cârmaciu, der an diesem Sonntag Verstärkung durch seinen Potsdamer Kollegen Ionuț Băncilă bekommt. Da seine Gemeinde noch keine Heimstätte für ihre Gottesdienste gefunden hat, kann er hier aushelfen. Ihnen zur Seite steht außerdem Messdiener Filip.

Links vor der Ikonenwand hat sich ein kleiner Chor positioniert. Er liest und singt, in der Regel als Antwort auf die Gebete und Lesungen der beiden Pfarrer. Kurz bevor der Gottesdienst endet, gibt es das Abendmahl, das hier alle erhalten – auch die Kinder.

Pater Calin Cârmaciu hat inzwischen erste Kontakte im Dorf aufgenommen. So unter anderem zu Ortsvorsteher Armin Schwarz, der auch schon einen Gottesdienst besucht hat, und zum Chef der Agrargenossenschaft Quitzow, Helge Milatz. Vor Ort will sich die Gemeinde einbringen, verrät der Pfarrer, der seit fünf Jahren in Deutschland lebt. Vorher war er im rumänischen Alexandria zu Hause. So beteiligt man sich nicht nur bei der Reinigung der Kirche, es soll auch der Turm entrümpelt werden. Hier kann sich Calin Cârmaciu ein Raum für die Kinderbetreuung während des Gottesdienstes vorstellen. Auch die eine oder andere Idee will er noch mit der Pfarrerin besprechen.

Cătălin Vladaianu lebt mit seiner Familie in Perleberg. Seit acht Jahren ist er hier und arbeitet bei der Firma Kronotex in Heiligengrabe. „Bisher mussten wir zu den Gottesdiensten immer nach Berlin oder Hamburg fahren. Das war nicht immer möglich“, sagt er im Gespräch mit dem „Prignitzer“. „Das mit der eigenen Gemeinde vor Ort finde ich sehr praktisch. Denn die Kirche ist nur drei Kilometer von Perleberg entfernt.“ Und so fahren sie jetzt zu jedem Gottesdienst als Familie, mit Sohn, Mutter, Vater und Frau. Doch diese sei an diesem Sonntag nicht mitgekommen, sei sie doch gerade schwanger. Auch Vlad Mihai hatte sich immer den Fahrten nach Berlin und Hamburg angeschlossen. Der Vion-Mitarbeiter freut sich, dass es nun möglich ist, hier zum Gottesdienst gehen zu können.

Der Gottesdienst wird fast ausschließlich in rumänischer Sprache abgehalten, lediglich das Vater Unser und einige Fürbitten werden in deutscher Sprache gesprochen.

Wer sich selbst ein Bild von der Liturgie machen möchte, der ist herzlich willkommen. „Wir sind eine offene Gemeinde“, sagt Pater Cârmaciu. Die nächste Gelegenheit ist am 20. Juni, dann feiert die orthodoxe Kirche das Pfingstfest. Der Gottesdienst beginnt um 10 Uhr und dauert mindestens zwei Stunden.

 

Fotos und Reportage: Renè Hill

Quelle: https://www.svz.de/32482537 ©2021