„Wenn Offenheit auf Willen trifft“

Das bisherige Zuhause des Ehepaars war mehr als baufällig. Innerhalb von vier Wochen ist dank Spenden und ehrenamtlicher Helfer ein neues Haus entstanden.

„Überall hört man von den Problemen gescheiterter Integration“, sagt Vasile Florin Reut. Er ist Pfarrer der rumänisch-orthodoxen Kirchengemeinde, die in der Jesuitenkirche ihre Gottesdienste feiert. In Straubing funktioniere Integration, ist seine Überzeugung.

 „Gelungene Integration ist nie laut und auffällig, sondern fügt sich einfach in das Umfeld. Das gehe wunderbar, wenn Offenheit auf Willen trifft.“ Offenheit und Willen sieht Reut in Straubing bei Kirchengemeinden, bei Behörden und bei den Bürgern.
 
Manche Einheimische kommen sogar gelegentlich zu den rumänisch-orthodoxen Gottesdiensten, auch wenn jene für deutsche Verhältnisse mit zwei Stunden lange dauern. „Man darf auch später kommen“, sagt Reut mit einem wohlwollenden Augenzwinkern. Er freut sich über Christen aller Konfessionen, die vorbeikommen, Interesse zeigen und mitfeiern wollen. Die Gottesdienste finden jeden Sonntag von 10 bis 12 Uhr statt.
 
Reut ist zwei katholischen Pfarrern in Straubing besonders dankbar: Pfarrer Franz Alzinger von St. Michael, der seiner Kirchengemeinde die ungenutzte Kapelle am Friedhof für ihre Gottesdienste zur Verfügung gestellt hat. Über sieben Jahre lang, bis sie einfach zu klein wurde für die inzwischen gut 100 Gemeindemitglieder, wobei jeweils eine ganze Familie als ein Mitglied gezählt wird.
 
Seit Januar 2018 steht den Gläubigen die Jesuitenkirche zur Verfügung. Pfarrer Jakob Hofmann von St. Jakob hatte für die rumänisch-orthodoxen Christen ein Herz. „Er ist ein toller Typ“, sagt Pfarrer Vasile Florin Reut, „er ist ein Freund“.

Im Bild: Pfarrer Vasile Florin Reut aus Straubing (r.) und sein rumänischer Kollege Andrei Florariu. – Die beiden alten Leute (knieend rechts im Bild), die jetzt in dem neuen Haus wohnen können, sind überglücklich und dankbar für die Hilfe der rumänisch-orthodoxen Gemeinde aus Straubing.
 
Auch über die Straubinger Behörden lässt Reut nichts kommen, sei es die benachbarte Polizeiinspektion, die ein Auge hat auf einen geregelten Ablauf der jährlichen Osterprozession, oder das Ordnungsamt.

Pfarrer pendelt von Regensburg nach Straubing
 
Die rumänisch-orthodoxe Kirchengemeinde finanziert sich allein aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden, da hier keine Kirchensteuer erhoben wird. „Auch ich als Gemeindepfarrer lebe von den freiwilligen Gaben unserer Mitglieder“, sagt er, der mit Frau und drei Kindern in Regensburg wohnt und mehrmals pro Woche nach Straubing pendelt.
 
Als orthodoxer Pfarrer einer Gemeinde müsse man verheiratet sein, um allen ein Vorbild zu sein und in familiären Fragen besser helfen zu können, erklärt er. Gerne würde er nach Straubing umziehen, eine passende und vor allem finanzierbare Immobilie für Familie und Pfarrbüro in der Stadt oder der näheren Umgebung hat er jedoch noch nicht finden können. „Das ist noch ein großer Wunsch von mir.“
 
Binnen eines Monats ein Haus gebaut
 
Reut ist sehr stolz darauf, dass seine Gemeinde nicht nur zum Beten zusammenkommt, sondern auch die Überzeugung teilt, gemeinsam etwas bewirken zu können. Das ganze Jahr über schickt die Gemeinde Geld nach Rumänien. 4 200 Euro waren es heuer. Andrei Florariu, Pfarrer in Satu Nov-Belcesti, kauft davon Lebensmittel und Dinge des täglichen Bedarfs und reicht sie an Bedürftige weiter.
 
„Im Oktober konnten wir sogar ein kleines Haus in Rumänien fertigstellen, um einem bedürftigen alten Ehepaar ein Dach über dem Kopf zu sichern“, erzählt Reut. 5000 Euro habe es gekostet, das Haus zu bauen, der Löwenanteil davon ist von den Spenden der Straubinger rumänisch-orthodoxen Gemeinde aufgebracht worden.
 
Pfarrer Andrei Florariu hat als Partner vor Ort alles organisiert. Er steht für die transparente Verwendung der Spenden. Florariu hat auch ehrenamtliche Helfer für die Baustelle gewonnen, so konnten die Kosten niedrig gehalten werden. Binnen eines Monats war das kleine Haus fertiggestellt.
 
„Das beeindruckt mich sehr und zeigt uns, dass alles möglich ist, was man sich vornimmt, mit Gottes Hilfe.“ Vasile Florin Reut hatte das bisherige Zuhause der beiden alten Leute gesehen. Es war in erbärmlichem Zustand. Das Ehepaar lebt von der Hand in den Mund.
 
Der Pfarrer ist auch zur Segnung des neuen Hauses nach Rumänien gereist. „Eine hochemotionale Sache.“ Die beiden alten Leute seien so dankbar gewesen, dass sie die ganze Feier kniend verbringen wollten.
„Ihre Freudentränen waren die größte Belohnung für alle, die mitgeholfen haben.“
 
Jetzt hat Reut schon wieder ein neues Projekt angepeilt. „Wir wollen eine Milchkuh für eine kinderreiche Familie kaufen.“
 

 

Info
Eine Gelegenheit, die rumänischorthodoxe Kirchengemeinde kennenzulernen, gibt es bei deren Weihnachtskonzert am Sonntag, 1. Dezember, 12 Uhr, in der Jesuitenkirche.
Der 1. Dezember ist der rumänische Nationalfeiertag. Zu diesem Anlass und als Dank für Unterstützung gibt es ein Konzert mit Weihnachtsliedern vom Chor „Solemnis“ aus Bukarest. Der Eintritt ist frei.
 

 

 
Monika Schneider–Stranninger
 
Quelle: Straubinger Tagblatt

 

Bilder: Doxologia.ro