Orthodoxer Theologe : Trägheit in Ökumene überwinden
Artikel aus: Kathpress.at; Bild: Georg Pulling/Kathpress
Wiener rumänisch-orthodoxer Theologe Moga bei ökumenischer Vesper in armenisch-apostolischer Kirche „St. Hripsime“: Entscheidende Frage für die Kirchen in der Ökumene ist, „ob wir noch unterwegs zueinander sind“ – Vesper mit Bischof Petrosyan und Kardinal Schönborn als Auftakt zum Ökumene-Empfang Schönborns im Wiener Erzbischöflichen Palais
Wien, 30.01.2024 (KAP) Zur Überwindung der Trägheit in der Ökumene hat der rumänisch-orthodoxe Theologe und Pfarrer Ioan Moga aufgerufen. Er hielt am Dienstagabend bei einer ökumenischen Vesper in der armenisch-apostolischen Kirche in Wien-Landstraße die Predigt. Zur Vesper hatten der armenische Bischof und Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRKÖ), Tiran Petrosyan, und Kardinal Christoph Schönborn geladen. Die Vesper war der Auftakt zum anschließenden traditionellen Ökumenischen Empfang des Kardinals im Wiener Erzbischöflichen Palais.
Der Vesper standen neben Bischof Petrosyan und Kardinal Schönborn auch der koptische Bischof Anba Gabriel, Domdekan Rudolf Prokschi, die methodistische Pastorin Esther Handschin, der syrisch-orthodoxe Chorepiskopus Emanuel Aydin und der griechisch-orthodoxe Archimandrit Athanasisus Buk vor. Weiters mit dabei waren etwa Weihbischof Franz Scharl, der rumänisch-orthodoxe Bischofsvikar Nikolae Dura, der anglikanische Kanonikus Patrick Curran, der methodistische Superintendent Stefan Schröckenfuchs, Ostkirchen-Generalvikar Yuriy Kolasa, Pastor Walter Klimt von den Baptisten, der Vorsitzende der Freikirchen in Österreich, Pastor Franz Gollartz, und Pfarre Ninos Babisha von der Assyrischen Kirche des Ostens.
Bischof Petrosyan rief eingangs des Gottesdienstes zu mehr Einheit unter den Kirchen auf. Angesichts einer „verrückten Welt, die von Krieg und Terror erschüttert wird“ und in der Millionen Menschen auf der Flucht sind, sei es die Aufgabe der Kirchen, das Verbindende unter den Menschen zu suchen und zu stärken.
Ökumene braucht „mutige Beharrlichkeit“
Die gerade erst abgehaltene „Gebetswoche für die Einheit der Christen“ (18. bis 25. Jänner) und der traditionelle Ökumenische Empfang seien „Ausdruck eines Weges, eines Dialogs untereinander und mit Gott“, so Pfarrer Moga in seiner Predigt. Sie seien zugleich auch „der Hinweis auf eine Wunde“.
Die Ökumene in Österreich und darüber hinaus habe wohl schon bessere Zeiten erlebt, so Moga, wiewohl es Regionen auf der Welt gibt, in denen es um die Ökumene wesentlich schlechter bestellt sei. Die entscheidende Frage sei aber, „ob wir noch unterwegs zueinander sind“. Und Moga ortete diesbezüglich eine „gewisse Trägheit“. Deshalb brauche es in der Ökumene „mutige Beharrlichkeit“.
Ein deutscher Theologen-Kollege habe vor einigen Tagen einen Beitrag mit den Worten betitelt: „Ökumene ist eine Zumutung. Wer betet noch für die Einheit der Christenheit?“ Moga dazu: „So etwas tut weh. Es muss wehtun. Denn, bei aller Diagnose-Richtigkeit, darf Ökumene angesichts der Worte Jesu Christi keine Zumutung sein. Ökumene ist keine Zumutung, sie ist eher ein Sich-Zutrauen. Ein Sich-Zutrauen, die Bitte Jesu Christi zu erfüllen.
Das Bemühen um die Einheit bedürfe des „Eintauchens in die Herrlichkeit Gottes.(…) Unterwegs zur Einheit, brauchen wir Herrlichkeit, haben wir Anteil an der Herrlichkeit Gottes.“ So sei auch die ganze Welt der Liturgie eine Werkstatt dieser Herrlichkeit, so Moga: „Im liturgischen Gebet tauchen wir in diese Herrlichkeit ein, wohl wissend, dass wir noch Fragment sind. (…) Und je stärker diese Herrlichkeit uns umgibt, desto naher, möglicher, attraktiver, unvermeidlicher scheint auch die Erfahrung der Einheit.“
Und der orthodoxe Theologe stellte die Frage: „Wer betet noch für die Einheit der Christenheit?“ Mogas Antwort: „Diejenigen, die die Gabe der Herrlichkeit Gottes nicht vergessen haben und immer wieder liturgisch erneuern.“ Das liturgische Gebet habe eine immense Kraft, uns in Wachsamkeit und in der Sehnsucht nach Einheit zu bilden.
Viele Menschen machten sich aktuell Sorgen um die Zukunft der Demokratie und des sozialen Friedens, um die Ukraine und um eine Ausweitung des Gaza-Krieges, insgesamt Sorgen vor einer bösen Zuspitzung auf allen Ebenen. „Es sind begründete Sorgen. Die Ökumene scheint hilf- und machtlos angesichts der Dimension dieser Probleme“, so Moga, der zugleich aber auch ein historisches Gegenbeispiel brachte: Als Anfang der 1960er-Jahre die „Konferenz Europäischer Kirchen“ gegründet wurde, war sie gedacht als eine mutige Brücke zu den orthodoxen Kirchen hinter dem Eisernen Vorhang. Die Gründungsversammlung fand auf einem Schiff statt, damit auch die Mitglieder aus dem Osten visafrei anreisen dürfen. Aus damaliger politischer Perspektive sei das ein wohl kindischer Versuch gewesen, gegen die geopolitischen Realitäten ein Zeichen zu setzen. Aus heutiger Perspektive sei es freilich der Beginn eines mutigen Weges gewesen, der Geschichte schrieb. „Das waren Leute, die sich etwas zugetraut haben. Nicht Leute, die mit Zumutungen fertig werden wollten“, so Moga.