Tod und Auferstehung mit Christus dem Herrn – Pastorale von Metropolit Serafim zum Hochfest des Heiligen Osterfestes

„Gestern wurde ich mit Dir, mein Christus, begraben, heute werde ich mit Dir, dem Auferstandenen, erweckt; gestern wurde ich mit Dir gekreuzigt, Du selbst verherrliche mich nun mit Dir, o mein Erlöser, in Deinem Reiche”

(dritter Gesang aus der Oster-Utrenie)

Ehrwürdige und hochwürdige Väter, geliebte Gläubige!

Christus a auferstanden!

Wir preisen Gott den Grundgütigen, dass Er uns auch in diesem Jahr für würdig befunden hat, mit heiterem Antlitz und von Freude erfüllten Herzen das höchste Fest der Christenheit zu begehen: die Auferstehung des Herrn. Wenn am Karfreitag bei der Kreuzigung des Erlösers Jesus Christus die Himmel sich verdunkelt haben und die Erde bebte, dann gilt für heute zu Seiner Auferstehung, was ein Gesang der Oster-Utrenie in die Worte kleidet: „Alles ist erfüllt von Licht: der Himmel und die Erde und alles, was darunter ist.” Um uns heute aufrichtig an der Auferstehung erfreuen zu können, haben wir uns mit der siebenwöchigen Fastenzeit und gesteigertem Gebet, mit dem Bekennen unserer Sünden im Sakrament der Beichte und der Kommunion am Heiligen Leib und Teuren Blut unseres Erlösers Christus vorbereitet. Jede Freude im Leben kommt erst nach einer Zeit der Anstrengung oder der Prüfung. Die heutige Freude über die Auferstehung des Herrn erreicht unser Herz und unsere Seele in dem Maße, in dem wir uns durch Fasten und Enthaltsamkeit von den Vergnügungen des Lebens bemüht haben.

Die Gottesdienste der Kirche an den Sonntagen und Feiertagen das Jahr über aktualisieren die großen Ereignisse aus dem Leben des Erlösers für uns: Seine Geburt in Bethlehem, die Taufe im Jordan, die Verkündigung des Evangeliums und Seine Wunder, das Letzte Abendmahl, Seine Kreuzigung, Auferstehung und Himmelfahrt wie auch díe Herabkunft des Heiligen Geistes. All diese uns erlösenden Ereignisse erleben wir im Glauben, vor allem bei der Heiligen und Göttlichen Liturgie, in der wir mit den Augen und im Licht des Glaubens unseren Erlöser Jesus Christus von Seiner Geburt bis zu Seinem Tod am Kreuz und Seiner Auferstehung sehen. Und durch die Heilige Kommunion an Seinem Leib und Blut werden wir eins mit Ihm. Auch wenn die Auferstehung des Herrn nun bereits vor fast zweitausend Jahren geschehen ist, so ist sie für uns doch ein immer gegenwärtiges Kontinuum. An jedem Tag und in jedem Moment ist unser Erlöser Jesus Christus in unserem Leben und im Leben der Welt gegenwärtig und wirkt Wunder an denen, die an Ihn glauben. Er wird eins mit uns, nimmt unsere Sünden und unser Leid auf Sich und auferweckt uns jedes Mal, wenn wir voller Demut und Reue um Seine Hilfe flehen. Diese vertrauliche Beziehung zwischen uns und dem Erlöser Christus bringt auch jener Gesang zum Ausdruck, mit dem wir diese Pastorale eröffnet haben: „Gestern wurde ich mit Dir, mein Christus, begraben, heute werde ich mit Dir, dem Auferstandenen, erweckt!” Tatsächlich haben wir am Gründonnerstag bei der Lesung der Zwölf Evangelien und am Karfreitag bei der Prozession zum Tod des Herrn am schmerzerfüllten Leid des Herrn zu unserer Erlösung teilgenommen und dabei haben auch wir Seinen Schmerz geteilt. Wie die Gottesmutter, die bittere Tränen am Fuße des Kreuzes vergoss, so haben auch viele Gläubige bei den Gottesdiensten der Denien geweint und sind dadurch eins geworden mit dem Erlöser, indem sie mit Ihm gemeinsam gelitten haben und gestorben sind! Andere haben vom Gründonnerstag bis nach dem Gottesdienst zur Osternacht gefastet ohne zu essen und zu trinken. Diese Gläubigen werden für ihr Bemühen eine Freude und einen Trost als Lohn empfangen, die nicht von dieser Welt sind.

Geliebte Gläubige,

Wir dankem Gott dem grundgütigen Herrn dafür, dass diese Pandemie nun abgeklungen  ist, die die Welt fast drei Jahre so geplagt hat. Leider haben die Menschen aus dieser großen Prüfung so wenig gelernt und leben weiterhin in so großer Ferne zu Gott. Dabei dürfen wir überzeugt sein, dass die Krankheiten, die Missverständnisse zwischen den Menschen und alle Leidenserfahrungen im Leben Folgen unserer Sünden sind. Gott lässt es zu, dass wir um unserer Sünden willen leiden, aber nicht um uns zu bestrafen, sondern um uns zu Ihm zurückzubringen. Aber selbst wenn sie leiden, so suchen die Menschen doch den Ausweg nicht bei Gott – dem Einzigen, der ihnen wirklich helfen kann – sondern sie verfallen noch mehr der Sünde, dem Unglauben und der Gleichgültigkeit gegenüber allem Heiligen. So gelangen sie dahin, von Hass und Rachsucht beherrscht zu werden, wie auch von anderen Leidenschaften und Lastern und geben sich dem Alkohol, körperlicher Zügellosigkeit, dem Rauchen oder den Drogen hin, oder sie geraten in Abhänigigkeit von virtuellen Medien; dies alles führt zum seelischen und körperlichen Tod. So sind die Menschen unglücklich und werden immer unglücklicher, auch wenn es ihnen erscheint, als wären sie glücklich! Doch wahres und unvergängliches Glück kommt nur von Gott, und zwar in dem Maße, in dem wir uns darum bemühen, der Sünde abzusterben und Seine Gebote zu erfüllen.

Wir alle wissen aus eigener Erfahrung, wie sehr unser ganzes Wesen schon von Jugend auf der Sünde zugeneigt ist. Wir alle können sagen: „Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich. (…) Ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das widerstreitet dem Gesetz in meinem Verstand und hält mich gefangen im Gesetz der Sünde, das in meinen Gliedern ist. Ich elender Mensch! Wer wird mich erlösen von diesem Leib des Todes?“ (Römer 7, 21-24) Es gibt nur eine einzige Antwort auf diese Frage: nur der Erlöser Jesus Christus allein, Der durch Seine Auferstehung die Macht des Teufels und der Sünde besiegt hat. Und Sein Sieg ist auch unser Sieg, wenn wir uns mit Ihm in unserem Herzen vereinen.

Der Erlöser klopft unablässig an die Tür unseres Herzens: „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wenn jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich hineingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit Mir.“ (Offenbarung 3,20). Wir hören die Stimme des Herrn bei den Lesungen der Apostel und des Evangeliums wie auch in der Predigt des Priesters; die Stimme des Herrn hören wir auch bei der häuslichen Lektüre des Neuen Testaments und anderer geistlicher Erbauungsschriften. Gott spricht auch durch die Stimme unseres Gewissens zu uns, das uns zur Ordnung ruft, wenn wir eine Sünde begehen oder fortgesetzt in Sünde leben. Auch durch die Leidenserfahrungen des Lebens spricht Gott zu uns und ruft uns dadurch unablässig zur Buße. Selig ist der Mensch, der auf die Stimme des Herrn hört und Ihm sein Herz öffnet, damit Er darin einzieht! Aus der Erfahrung von Millionen von Christen im Laufe der Jahrhunderte wissen wir, dass das Herz des Menschen sich nur durch das Gebet öffnet, damit Gott darin einziehen kann, und zwar ein beständiges, wiederholtes, tägliches und stündliches Gebet. Und dies das ganze Leben lang, bis allmählich die Wärme der Gnade, die immer mehr in das Herz einströmt, das Herz erweicht und eins werden lässt mit dem Auferstandenen Herrn. „So lebe nun nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir“, wie der Heilige Apostel Paulus ausruft (Galater 3,20)

Gott der Herr liebt jeden mit Seiner unendlichen Liebe und erwartet nichts von uns, außer dass wir selbst Ihn lieben und Seine Gebote erfüllen. Diese hat Er uns nicht als Bürde für unser Leben gegeben, sondern um uns vor dem seelischen und leiblichen Verfall zu bewahren. „Wer Mich liebt, der wird Meine Gebote halten” (Johannes 14,15), „und Seine Gebote sind nicht schwer” (1. Johannes 5,3). Wer viel betet und sich bemüht, immer den Willen Gottes zu erfüllen, wer sich von jeder Sünde fernhält, der wird Ihm immer gleicher. Der überwindet in sich selbst mit der Kraft des Auferstandenen Erlösers alle leidenschaftlichen Bestrebungen und wird sanftmütig, vergebungsbereit und barmherzig.

Geliebte Gläubige,

Im Blick darauf, dass viele orthodoxe Rumänen aus der Diaspora den Glauben nicht ausreichend kennen, in dem sie getauft sind, und auch beeinflusst sind vom Geist des Unglaubens, der die Gesellschaften beherrscht, in denen wir leben, oder auch dem Proselytismus anderer Religionsgemeinschaten ausgeliefert sind, hat der Bistumsrat unseres Erzbistums beschlossen, unseren Gläubigen kostenlos 30.000 Katechismen zur Verfügung zu stellen, die mit finanzieller Unterstützung der Metropolie und der Pfarreien gedruckt wurden. Dieser Katechismus trägt den Titel „Învățătura de credință ortodoxă” („Orthodoxe Glaubenslehre”) und gibt Antworten auf alle Fragen, die ein Gläubiger sich im Blick auf seinen Glauben stellen kann. Diese Katechismen werden vor allem in der Osternacht beim Verteilen der Heiligen Ostergaben ausgegeben. Wir haben diese Aktion unter das Motto gestellt: „Keine Gemeinde ohne Katechese, Keine Familie ohne Katechismus”. Auf der ersten Seite finden Sie ein kurzes Segenswort, gezeichnet vom Metropoliten und dem Ortspriester. Ich bitte Sie alle – Eltern, Kinder, junge und ältere Menschen: Mögen Sie diesen Katrechismus wie eine Gabe Gottes empfangen und ihn zu Rate ziehen, sooft Sie eine Glaubensfrage haben. Er wird Ihnen eine große Hilfe sein und Sie werden immer glaubensstärkende und tröstende Antworten für die Seele finden!

In der Hoffnung, dass Sie diese geistlichen Weisungen annehmen und sie je nach Ihrer Kraft auch befolgen, bete ich zum Erlöser, dem Auferstandenen Christus, dass Er Sie alle segne, Ihnen Gesundheit und Verstehen in der Familie sowie die ganze Fülle Seiner himmlischen und irdischen Gaben schenke!

Christus ist auferstanden!

† Metropolit Serafim   

(Übersetzung: Pfarrer Prof. h.c. Dr. Jürgen Henkel, Selb)