Pastoralbrief zum Weihnachten 2014

Jesus Christus – der Weg, die Wahrheit und das Leben

 Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben” (Joh. 14, 6)

† SERAFIM

Durch Gottes Gnade Erzbischof der Orthodoxen Rumänen in Deutschland, Österreich und Luxemburg und Metropolit der Orthodoxen Rumänen in Deutschland, Zentral- und Nordeuropa

Hochwürdige Väter und geliebte Gläubige,

 Wir feiern heute die Geburt des Herrn in einer Atmosphäre großer Freude und mit geistlichem  Enthusiasmus mit Liedern und Weihnachtsgesängen, die unser Herz erwärmen und uns wenigstens für einen Moment die Sorgen und Nöte des alltäglichen Lebens vergessen lassen. Unsere Gedanken und unser Herz richten sich nun auf die Höhle von Bethlehem, wo unser Erlöser Jesus Christus geboren wurde, vor Dem wir niederknien zusammen mit der Gottesmutter und dem heiligen Josef, mit den Engeln und den Hirten und Ihm wie die Weisen aus dem Morgenland die Gaben unserer Seelen bringen: das demütige Lob und den Dank für die die von Ihm empfangenen Wohltaten. Wir beten gleichzeitig zu Ihm, dass Er uns unsere Sünden vergebe und uns mit Seiner Gnade erfülle, damit wir mit Würde unser tägliches Kreuz tragen.

Die Feiertage in dieser Zeit des Jahres – die Geburt des Herrn, Neujahr und Epiphanias – erneuern in uns die Liebe zu Gott und die Liebe zum Leben. In dieser Zeit leben wir intensiver, weil wir uns an den Weihnachtsliedern erfreuen, den Begegnungen mit unseren Lieben aus der Familie, der Segnung der Häuser, den Geschenken, die wir einander und besonders den Kindern machen. Gott Selbst als liebender Vater freut sich an der Freude Seiner Kinder und Er erneuert uns und macht unser Leben reicher! Über die Geburt eines Kindes freut sich die Familie, es freuen sich die Angehörigen, es freut sich die Kirche und ach die Gesellschaft, weil jedes Kind eine neue Hoffnung für die Welt darstellt. Umso mehr freuen wir uns als Christen über die Geburt des Erlösers der Welt, der unsere größte Hoffnung ist. Denn niemand, der auf Christus hofft, wird untergehen.

Gott hat es gefallen, die Welt aus der Knechtschaft der Sünde und des Todes zu befreien, und dies nicht durch einen göttlichen Erlass, auch nicht durch einen Engel, sondern durch Seinen Sohn Selbst, Der Mensch geworden ist, damit Er die Sünden und die Schwächen der Menschen auf sich nehme. Er hat 33 Jahre auf Erden gelebt, Er hat die Menschen gelehrt, wie sie auf Erden leben sollen, um sich ihres Lebens erfreuen zu können, und er tat allen Gutes, die sich Ihm im Glauben näherten. Die Heiligen Evangelien geben eine Menge an Wundern wieder, die Christus an Gläubigen zu Seiner Zeit tat: Er heilte Kranke, Er trieb aus den von  bösen Geistern gequälten Menschen Dämonen aus, Er speiste die hungrigen Mengen, Er beruhigte mit Seinem Wort das Meer und den Sturm, die das Leben der Apostel bedrohten, und Er erweckte sogar einige vom Tode. So wurden die Worte des Propheten Jesaja erfüllt, der 750 Jahre vor Christus sagte: „Fürwahr, er (Jesus Christus) trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen”(Jesaja 53,4; vgl. Matthäus 8,17). Mit 33 Jahren starb der Erlöser den Kreuzestod, aber am dritten Tage ist Er auferstanden und erlöste dadurch die Welt von der Knechtschaft des Todes. Der Apostel Paulus sagt: „Jesus Christus gestern und heute und Derselbe auch in Ewigkeit” (Hebräer 13,8). Er trägt heute und für immer die Schwächen und Krankheiten derer, die nach dem Willen Gottes leben und im Glauben zu Ihm beten. Er begleitet uns auf allen Lebenswegen und ist mit uns in der Stunde unseres Todes, wenn niemand uns mehr helfen kann. Er erlöst uns vom ewigen Tod und stellt uns neben Seine Heiligen im Reich des Vaters.             

 Geliebte Gläubige,

Wir, die wir uns bemühen, in dem Licht zu leben, das der Erlöser Christus durch Seine Geburt in die Welt gebracht hat, glauben fest, dass unser Leben einen ewigen Sinn hat, der sich nur in unserer Verbindung mit Gott und im Gehorsam Ihm gegenüber erfüllt. Für uns ist der Erlöser Jesus Christus „der Weg, die Wahrheit und das Leben” (Johannes 14,6).

Er ist der Weg: wir werden niemals vom rechten Weg abirren, wenn wir diesen Weg gehen. Er ist die Wahrheit: er macht uns frei, wenn wir in der Wahrheit leben und nicht in der Lüge. Und er ist das Leben: er erneuert unser alltägliches Leben, wenn wir immerzu beten und so oft als möglich die Heiligen Sakramente empfangen, also Leib und Blut des Herrn, damit wir Ihn Selbst, Christus, das Leben, in uns haben.         

Wenn wir glauben, dass der Erlöser Christus der Weg ist, also der Weg unseres Lebens, dann bedeutet dies, dass wir Ihn zum Freund und Wegbegleiter an allen unseren Tagen haben: „Jesus, Du mein teurer Freund, schon von meiner Jugend an/Mit Dir reise ich durchs Leben bis ans Ende meiner Tage”, heißt es in einem Lied der Gebetsbewegung der „Oastea Domnului” (dt. „Heerscharen des Herrn”). Mit Christus durchs Leben zu gehen bedeutet, uns zu jedem Moment in allem Seinem Willen anzuvertrauen und Ihn immer um Seine Hilfe anzurufenim Glauben daran, dass Er uns beisteht und jeden Schritt unseres Lebens lenkt. Sicher ist der Weg des Glaubens bzw. der Weg Christi ein enger und nicht immer leichter Weg. Daher leitet uns der Erlöser an: „Geht hinein durch die enge Pforte. Denn die Pforte ist weit, und der Weg ist breit, der zur Verdammnis führt, und viele sind‘s, die auf ihm hineingehen. Wie eng ist die Pforte und wie schmal der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind‘s, die ihn finden.“ (Matthäus 7,13 f.) Die auf dem Wege Christi wandeln, bemühen sich, nach dem Willen Gottes zu leben, indem sie Seine Gebote erfüllen, sich von Sünden fernhalten und von der Gemeinschaft mit Menschen, die sie zum Bösen verführen. „Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen noch tritt auf den Weg der Sünder noch sitzt, wo die Spötter sitzen, sondern hat Lust am Gesetz des Herrn und sinnt über seinem Gesetz Tag und Nacht!“, sagt der Psalmist David (Psalm 1,1-2). Und der heilige Apostel Paulus leitet uns an: „Lasst uns ehrbar leben wie am Tage, nicht in Fressen und Saufen, nicht in Unzucht und Ausschweifung, nicht in Hader und Eifersucht; sondern zieht an den Herrn Jesus Christus und sorgt für den Leib nicht so, dass ihr den Begierden verfallt“ (Römer 13,13-14) Vor allem die übertriebene Sorge um den Leib, um Essen und Trinken sowie um billiges Vergnügen bringt uns dazu, den Weg Christi zu verlassen und auf dem Weg des Verderbens zu wandeln.

Der Erlöser Christi ist gleichzeitig die Wahrheit, die uns frei macht. Wir können nur in dem Maße wahrhaft leben und uns am Leben erfreuen, in dem wir in Christus leben. Und in Christus zu leben bedeutet nach seinen Geboten zu leben. „Wer Meine Gebote hat und hält sie, der ist’s, der Mich liebt“ (Johannes 14,21). Wenn wir nicht nach den Geboten Christi leben, können wir nicht frei sein, auch wenn es uns scheint, dass wir frei sind. Der Mensch täuscht sich leicht, wenn er glaubt, er sei dadurch frei, dass er alles macht, was er will und was ihm gefällt. Frei zu sein heißt nicht, alles zu tun, was Du willst, sondern immer das Gute zu tun und dadurch den Willen Gottes zu erfüllen. Nur dann sind wir wirklich frei, wenn wir das Gute tun. Wenn wir Böses tun, sind wir nicht frei, sondern Sklaven des Bösen, das wir begehen. Diese Wahrheit erkennen wir leicht, wenn unser Herz nicht versteinert ist. Wenn wir ein waches Gewissen haben, dann rügt uns dieses jedes Mal, wenn wir etwas Böses tun: wenn wir uns streiten und in Spaltung leben, wenn wir in Zügellosigkeit leben, lügen oder stehlen, wenn wir nicht beten und nicht fasten, wenn wir unseren Nächsten nicht Gutes tun.

Der Erlöser Jesus Christus ist unser Leben und das Leben der Welt. Der heilige Apostel und Evangelist Johannes sagt uns, dass Gott Seinen Sohn gerade deshalb auf die Erde gesandt hat, damit „die Welt das Leben habe und es zur Fülle habe“ (Johannes 10,10). Er sagt uns auch: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er Seinen Eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an Ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben“ (Johannes 3,16). So können wir nur in Christus, Der das „Leben der Welt“ ist, „das Leben im Überfluss“ und „das ewige Leben“ haben. Und nur in Christus erfüllt sich unser Leben, weil es einen ewigen Sinn hat. Wenn der Mensch seinen Horizont nur auf diese Welt beschränkt, kann er nicht glücklich werden, selbst wenn er alles besitzt, was er sich wünscht, denn seine unsterbliche Seele befriedigt sich nicht nur an den Gütern dieser Welt. Unsere Seele verlangt nach Gott und findet nur in Ihm Ruhe. Und trotzdem: wie viele Menschen ersticken in sich ihr Verlangen nach Gott und trachten nur nach den Gütern und Vergnügungen dieser Welt, die doch so täuschend sind! Diese sagen: „Lasst uns essen und trinken, denn das Leben ist kurz. Lasst uns davon profitieren, solange wir hier auf Erden leben, denn niemand weiß, ob es noch etwas nach dem Tode gibt.“ Der Evangelist Johannes sagt uns, dass dies das Denken derer ist, die die Dunkelheit mehr lieben als das Licht, weil ihre Werke böse sind. „Wer Böses tut, der hasst das Licht und kommt nicht zu dem Licht, damit seine Werke nicht aufgedeckt werden“ (Johannes 3,20)

Wir sollen keinen Moment lang vergessen, dass unser irdisches Leben nur eine Vorbereitung auf das ewige Leben ist, das Gott denen gibt, die seiner würdig sind.           

Geliebte Gläubige,

Ich habe gesagt, dass die an göttlicher Gnade reiche Atmosphäre der Feiertage zur Geburt des Herrn bei uns bewirkt, dass wir die Sorgen und Nöte des Lebens als leichter wahrnehmen. Aber nicht nur an Weihnachten oder zu Ostern fühlen wir uns getröstet und gestärkt, sondern an jedem Sonntag, wenn wir mit Glauben und in Frömmigkeit zur Kirche kommen und an der Göttlichen Liturgie teilnehmen, bekommen wir von Gott Kraft und Mut zur Überwindung alles Bösen mit Geduld, ohne die Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu verlieren. Die Kraft des Glaubens und des Gebets zeigt sich vor allem darin, dass wir die Hoffnung nicht verlieren im Kampf mit den Beschwernissen des Lebens und dass wir uns von diesen nicht überwältigen lassen, sondern vielmehr unser Gebet und unser Fasten noch verstärken und in der Hoffnung leben, dass wir alles Böse besiegen werden. Der Erlöser Jesus Christus sagt uns: „In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden” (Johannes 16,33). Tapfer zu sein bedeutet vor allem, dass wir immerzu unseren Mut erneuern im Kampf gegen die Leidenserfahrungen des Lebens, dass wir neu beginnen, jedes Mal, wenn wir etwas nicht schaffen, und vor allem dass wir ohne jedes Zögern an den Sieg des Guten glauben. Wenn wir an Gott glauben und im Glauben und Gebet bleiben, dann wird das Gute – und nicht das Böse – das letzte Wort in unserem Leben haben.      

Geliebte Gläubige,

Wir danken Gott dem Grundgütigen und der Gottesmutter für alle Hilfe, die wir jedes Mal erhalten, wenn wir im Glauben darum zu Ihm beten. In diesem Jahr, das wir nun beschließen, hat uns Gott geholfen, mehrere neue Pfarreien zu gründen: in Bielefeld, Kassel, Duisburg, Dresden, Chemnitz, Leverkusen, Mönchengladbach, Passau, Wiener Neustadt und Innsbruck. Für alle diese neuen Pfarreien hat uns Gott der Herr mit sehr guten Priestern gesegnet, denen wir für all ihre Opfer zu deren Gründung danken. Wir danken außerdem der Katholischen Kirche und der Evangelischen Kirche als Mehrheitskirchen in Deutschland und Österreich, die uns Kirchen zur Verfügung stellen für unsere Gottesdienste oder uns finanziell unterstützen, damit wir uns eigene Kirchen bauen können. Wir danken allen unseren Priestern für ihren Dienst und für ihre geistliche Sorge um ihre Gläubigen. Und wir danken Ihnen, unseren Gläubigen, die Sie an den heiligen Gottesdiensten mit Frömmigkeit teilnehmen und unsere Gläubigen und unsere Metropolie unterstützen. Wir danken allen, die unser Projekt „Stipendien für arme Kinder in der Moldau” unterstützen, mit dem wir monatlich aus den Spenden, die wir erhalten, 270 Kinder mit einer materiellen Situation am Existenzminimum unterstützen. Auf unserer Internetseite finden Sie eine ausführliche Darstellung dieses Projekts.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie diese heiligen Tage mit Frieden und Freude verbringen, rufe den Segen dessen, Der in der Höhle von Bethlehem geboren wurde, auf alle meine geistlichen Kinder herab und wünsche Ihnen

 

Gesegnete Feiertage und

Auf viele Jahre – Ad multos annos!

 Euer Euch allezeit Gutes wünschender und zum Herrn betender

† Serafim

Metropolit von Deutschland, Zentral- und Nordeuropa

(Übersetzung: Dr. Jürgen Henkel, Selb-Erkersreuth)