Grußwort zur Hl. Pirmin-Reliquienübernahme (Ludwigshafen, 3.11.2022)
Grußwort des Metropoliten Serafim anläßlich der Aufbahrung der Reliquie des Heiligen Pirmin, des Schutzpatrons der Rumänischen Orthodoxen Pfarrei von Ludwigshafen am Rhein.
Exzellenz, lieber Bruder in Christus Bischof Karl-Heinz,
Für unsere rumänische orthodoxe Pfarrei „Zur Heiligen Dreifaltigkeit und Zum Heiligen Pirmin”, dem Patron der Pfalz, der am 3. November 753 gestorben ist und dessen Gedenktag wir heute sowohl im katholischen wie auch im orthodoxen Heiligenkalender feiern, ist der heutige Tag von höchster Bedeutung, erhalten wir doch heute auf Ihre Initiative hin dankenswerterweise einen Partikel der Reliquien des Heiligen, der zur Verehrung in dieser Kirche aufgebahrt werden wird. Daher danken wir Ihnen gemeinsam mit unserem Gemeindepriester, Vater Constantin Prihoancă, und den Gläubigen unserer Pfarrgemeinde, die große Frömmigkeit gegenüber Heiligen Reliquien pflegen, für dieses wertvolle Geschenk, das unseren Glauben und unsere Frömmigkeit stärken wird. Herzlich willlkommen in unserer Mitte, in dieser Kirche, die Sie uns angeboten haben, um darin zu beten!
Geliebte Gläubige,
die Verehrung der Heiligen Reliquien ist eine alte Praxis in der Kirche Christi. Schon seit der christlichen Antike haben wir Zeugnisse von der Verehrung der Heiligen Reliquien. Erlauben Sie mir, einige davon in Erinnerung zu rufen. So heißt es im Martyrium des Heiligen Polypkarp (69-155): „So bekamen wir später seine Gebeine, die edler als Edelsteine und kostbarer als Gold sind, und bestatteten sie, wo es angemessen war.” (Polykarpmartyrium 18, 2) Der Heilige Basilius der Große (330-379) überliefert uns, wie solche unschätzbaren Kleinode zu empfangen und zu bewahren sind: „Nehmt sie mit genauso viel Freude auf wie ihre vorherigen Hüter sie euch geschickt haben. Niemand soll zweifeln, niemand möge zaudern (…)”
Der Heilige Johannes von Damaskus (675-749) sieht als Grund dieser durch die Heiligen auf die Welt sich ergießenden Gnadengaben den Segen und die Macht des Herrn: „Christus der Herr hat uns die Reliquien der Heiligen als Quellen zur Erlösung geschenkt, die auf vielfältige Weise Wohltaten herbringen und wohlriechendes Myronöl hervorquellen lassen.. Niemand sei demgegenüber ungläubig.” (Hl. Johannes von Damaskus/Ioan Damaschin, „Dogmatica“, Bukarest, 1938, p. 278).
Der Heilige Ambrosius von Mailand († 397) bezeugt, dass Objekte, die voller Glauben und Frömmigkeit mit Heiligen Reliquien in Berührung gebracht wurden, hernach die göttliche Gnade in sich tragen können: „Ihr habt gehört, ja viel mehr noch habt ihr selbst gesehen, dass viele, ja sogar sehr viele, von Dämonen gereinigt wurden, als sie mit ihren Händen die Gewänder von Heiligen berührten; sie wurden von Krankheiten geheilt, an denen sie litten. (…) Wie viele Tücher, wie viele Kleidungsstücke wurden mit heiligen Reliquien in Berührung gebracht und erlangten dadurch Heilkraft! Alle freuen sich, wenn sie Tücher, die Reliquien bedecken, berühren können und durch diese Berührung geheilt wurden! Ehre sei Dir, Herr Jesus, weil Du für uns solche Geistgaben der heiligen Märtyrer erweckt hast, und zwar zu der Zeit, als Deine Kirche von Dir große Hilfe gebraucht hat!” (Hl. Ambrosius von Mailand, Briefe XXII)
Solche Erfahrungen erinnern uns an die apostolischen Zeiten, lesen wir doch in der Apostelgeschichte: „So hielten sie auch die Schweißtücher und andere Tücher, die Paulus auf seiner Haut getragen hatte, über die Kranken, und die Krankheiten wichen von ihnen, und die bösen Geister fuhren aus.” (Apg 19,12)
Die Heiligen Reliquien zeigen uns zugleich die Wertschätzung, die wir unserem Leib selbst gegenüber gewähren müssen, um diesen nicht der Selbstzerstörung durch Sünden und Laster anheimzugeben. Der Heilige Apostel Paulus warnt uns: „Wisst ihr nicht, dass eure Leiber Glieder Christi sind? Sollte ich nun die Glieder Christi nehmen und Hurenglieder daraus machen? Das sei ferne!” (1. Kor. 6,15) Der menschliche Leib muss das ganze Leben lang wertgeschätzt werden, wie auch nach dem Tod. Die Fürsorge für den Leib des Herrn nach der Kreuzigung ist uns ein Bild und Gleichnis dafür, wie wir uns den Leibern der Heiligen und unseren eigenen Leibern nach deren Heimgang in die Ewigkeit gegenüber zu verhalten haben. Daher können wir als Christen die Praxis der Einäscherung niemals akzeptieren, die den Wert des menschlichen Leibes gänzlich unbeachtet lässt. Die moderne Wissenschaft beweist, dass der Mensch nach seinem Tod in seinen Knochen die Erinnerung an alle im Leben vollbrachten Taten bewahrt. Dies ist eine verblüffende Erkenntnis!
Geliebte Gläubige,
Auf dem Grabstein des Heiligen Bekennerhierarchen Pirmin steht geschrieben: „Die Freuden dieser Welt hat er um Christi willen verschmäht und sich die Armut erwählt. Die Heimat, das Volk und die Sippe hat er verlassen, fahrend in fremdes Land hat er den Himmel verdient.” Er war ein großer Missionar, hat viele Klöster gegründet und Menschen zu Christus zurückgebracht. Wir haben unser Land und unser Volk nicht wie der Heilige Pirmin um der Liebe zu Christus willen verlassen, sondern sind hierhergekommen, um mehr zu verdienen und besser zu leben. Jedoch dürfen wir niemals vergessen, dass der einzige wahre und unvergängliche Gewinn Christus selbst ist, wie der Heilige Apostel Paulus sagt (Philipper 3,8). Wenn wir unser Herz an die Schätze dieser Welt hängen, dann werden diese sich über kurz oder lang als „täuschender denn Träume und machtloser als ein Schatten” erweisen, wie ein Kirchensang besagt. Daher ermutigt uns der Erlöser: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gotttes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen” (Matthäus 6,33) Und das Himmelreich auf Erden ist die Kirche! In der Kirche begegnen wir Gott dem Herrn und vereinigen uns mit Ihm durch die Kommunion an Leib und Blut Christi. Vor allem in der Kirche beten wir zum Herrn, dass Er uns die Vielzahl unserer Sünden vergeben möge und uns Weisheit schenke, damit wir ein reines und heiliges Leben führen können, sowie Kraft und Mut verleihen möge zum Ertragen unseres täglichen Kreuzes an Leid und Unglück. In der säkularisierten Welt und Gesellschaft von heute, der jedwede moralische Orientierung fehlt, zeigt uns nur die Kirche den Sinn des Lebens auf und bringt uns in Berührung mit Gott dem Herrn, dessen Bild und Ebenbild wir in unserem Wesen tragen. „Du hast uns auf Dich hin geschaffen, Herr, und unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in Dir”, hat der selige Augustinus gesagt!
Tatsächlich finden wir nur bei Gott Trost und Ruhe. Und die Heiligen, die die Freunde Gottes sind und Gott in sich tragen, sind unsere Mittler bei Ihm. Geben wir ihnen die Ehre und bitten sie um Ihre Fürbitte!
† Metropolit Serafim von Deutschland, Zentral- und Nordeuropa