IV. Die Wende

In einem Brief und „aide-mémoire“ bat Bischof Teofil am 17. Januar 1972 den Patriarchen Justinian um seine Rückkehr unter die Jurisdiktion der Rumänischen Orthodoxen Mutterkirche. Er verlangte dieselbe Autonomie, wie auch Erzbischof Victorin Ursache aus den Vereinigten Staaten genoss. Die Wiederaufnahme des Bischofs Teofil unter die Jurisdiktion der Mutterkirche wurde in der Sitzung der Ständigen Synode vom 10.März 1972 in Anwesenheit des Präsidenten und des Vize-Präsidenten des Departements für religiöse Angelegenheiten diskutiert.
Bei dieser Gelegenheit wurde im Protokoll vermerkt: „Die Bischofsweihe S.E. Teofil ist gültig. Sie wurde nicht bestritten und auch die kanonische Eigenschaft der Konsekratoren nicht verneint“. Die Ständige Synode entschied und die Generalsynode ratifizierte am 28. April den Beschluss über die Wiederaufnahme des Bischofs Teofil unter die Jurisdiktion der Rumänischen Orthodoxen Kirche[1].
Die Anerkennung der Bischofsweihe, die von einem laisierten Metropoliten sowie von zwei Hierarchen erteilt wurde, die nicht in Gemeinschaft mit den orthodoxen Kirchen standen, wirft natürlich besondere theologische Fragen auf. Aber das Problem hat nicht nur einen theologischen Aspekt, sondern es hebt zuerst die Beziehungen zwischen der Kirche und dem kommunistischen Staat hervor. Der theologische Aspekt wurde leider stark vom staatlichen Einfluss überschattet. Die Tatsache, dass das Protokoll vom 10. März nichts von der Verurteilung Visarions vom 28. Februar 1950 erwähnt, obwohl Patriarch Justinian und andere Mitglieder der Synode an den Sitzungen der Synode von 1950 und 1972 teilgenommen hatten, ist für uns von Bedeutung. Sie lässt nur eine einzige Erklärung zu: Die Amtsenthebung von 1950 wurde vom Staat initiiert und die Synode hat sie in ihrer Einschränkung akzeptiert. Die Amtsenthebung Visarions wurde aber theologisch nicht ernst genommen, sondern als Einmischung des Staates in kirchliche Angelegenheiten betrachtet. Diese Stellungnahme konnte einen Präzedenzfall bilden. Mit der Entscheidung von 1972 beginnt, unserer Meinung nach, die öffentliche Rehabilitierung des Metropoliten Visarion, die ihren Höhepunkt in der Sitzung der Hl. Synode vom 25. September 1990 erreichte. Die Entscheidung vom 10. März 1972 wirft jedoch ein Licht auf die Beziehungen Staat-Kirche und wir wagen zu behaupten, dass dies sogar den Arbeitsstil der zweiten Amtshälfte des Patriarchen Justinian charakterisiert. Vor den Vertretern des Staates gelang es dem Patriarchen Justinian, wenn auch nur indirekt, die Rehabilitierung des Metropolitem Visarion.
Dem Beispiel Teofils, d.h. der Rückkehr in den Schoß der Mutterkirche, sind wenige Rumänen aus seiner Eparchie gefolgt. Der größte Teil („die Eparchie und alle ihre Gemeinden“) wurde am 25. Mai 1972 – nach der Erklärung des Metropoliten Filaret aus New-York – ohne einen eigenen Bischof „unmittelbar in Gehorsam und Verwaltung“ von der russischen Synode im Ausland angenommen[2]. Auf diese Weise begann für einen Teil der rumänisch-orthodoxen Christen aus West- und Zentraleuropa ein neues Kapitel im kirchlichen Leben.
Nach seiner Aufnahme unter das Omophorion der Rumänischen Orthodoxen Kirche gab sich Bischof Teofil die Mühe, die Diözese zu organisieren. Er gründete „Die Kultusgesellschaft des rumänisch-orthodoxen Bistums für Westeuropa“, die von den französischen Behörden anerkannt wurde. Unter seiner Initiative entstand ein Bistumsrat aus 7 Mitgliedern. Er gab die monatliche Zeitung „Vestitorul“ heraus. Dieser Diözese schlossen sich allmählich alle rumänischen Gemeinden an, die unter der Jurisdiktion des Patriarchates in Bukarest standen, wie auch alle neu gegründeten Gemeinden aus Zentral- und Westeuropa (England, Schweden, Schweiz, Deutschland, Norwegen, Dänemark, Österreich, Italien, Spanien, Finnland).
Das Jahr 1974 hat für das Bistum Westeuropa eine besondere Bedeutung. In der Sitzung der Hl. Synode vom 13. Dezember 1974 wurde Bischof Teofil der Rang eines Erzbischofs verliehen und die Eparchie, nach dem Vorschlag des Bistumsrates, als Erzbistum anerkannt. In derselben Sitzung wurde auf Vorschlag von Bischof Teofil, Archimandrit Lucian Florea als Bischofkoadjutor für das Erzbistum gewählt. Am 7. Februar 1975 fanden in Anwesenheit des Metropoliten Teoctist, als Delegierter der Hl. Synode, die Feierlichkeiten der drei oben erwähnten Ereignisse in Paris statt[3].
Nach dem Tod von Erzbischof Teofil am 19. Mai 1975 wurde das Erzbistum bis zum 16. Juli 1980 von Weihbischof Lucian Florea, heute Erzbischof von Tomis (Constanta-Rumänien), geführt. Als Nachfolger von Bischof Lucian und Locumtenens des Erzbischofs wurde der Bischofsvikar Adrian Hrițcu (Iași) ernannt. Am 16. November 1982 wird er Erzbischof von Paris und blieb bis zum 30. April 1992 im Amt, wonach er sich vom öffentlichen kirchlichen Leben zurückzog.



[1]Die Protokolle der Sitzungen der Hl. Synode vom 10 März und 28April 1972

[2] J.-P. Besse, a.a. O. ,S. 123

[3]Das Archiv des rumänischen Patriarchates