Wien: Symposion beleuchtete gemeinsamen Friedensauftrag der Kirchen
Schliesser erschloss in ihrem Vortrag verschiedene Facetten einer „Theologie der Versöhnung“. Es gehe um die Wiederherstellung der Gemeinschaft mit Gott, den Mitmenschen, der Umwelt und sich selbst. Ohne Erinnerung sei der Weg der Versöhnung nicht möglich, so die Theologin. Statt Sündenböcken brauche es das eigene Schuldeingeständnis als Voraussetzung für Versöhnung und Vergebung.
Schliesser sprach von der „befreienden Macht der Vergebung“. Vergebung befreie Opfer und Täter. Durch Vergebung erhalte die Vergangenheit eine neue Codierung. Genauso gelte mit den Worten des südafrikanischen Bischofs Desmond Tutu (1931-2021): „Keine Zukunft ohne Vergebung.“ Versöhnung habe freilich stets auch konkrete Konsequenzen im Blick auf Wiedergutmachung, führte Schliesser weiter aus.
Schliesser ist u.a. Studienleiterin am ökumenischen Zentrum für Glaube und Gesellschaft der Universität Fribourg und Privatdozentin für Systematische Theologie und Ethik an der Universität Zürich. Ein Schwerpunkt ihrer Forschungstätigkeit liegt auf der Theologie und Ethik Dietrich Bonhoeffers.
Beitrag zu Verständigung und Versöhnung
„Pro Oriente“-Präsident Kloss sprach zum Thema „Diplomatie und Religion in Versöhnungsprozessen“. Der Jurist und Diplomat war u.a. von 2011 bis 2018 österreichischer Botschafter beim Heiligen Stuhl. Seither steht er an der Spitze von Pro Oriente. Kloss erinnerte an den Auftrag von Papst Franziskus, dass alle „Handwerker des Friedens“ sein sollten. In diesem Rahmen verortete Kloss auch sein Verständnis von Diplomatie: „Diese muss zu Verständigung und Versöhnung beitragen“
Kloss räumte ein, dass die derzeitige internationale Lage wenig Grund zu Optimismus bereite. So wirkten die Vereinten Nationen aufgrund der divergierenden Interessen der wichtigsten Mitglieder weitgehend gelähmt. Und ohne politischen Willen stoße naturgemäß auch die Diplomatie bald an ihre Grenzen. Trotzdem zeigte sich Kloss überzeugt, dass es Aufgabe der Diplomatie sei, auch unter den schwierigsten Voraussetzungen Gesprächskanäle offenzuhalten. „Bei jedem Konflikt gibt es auch ein nachher“, so Kloss wörtlich. Darauf gelte es, sich vorzubereiten.
Der „Pro Oriente“-Präsident hob weiters den großen Stellenwert hervor, den die Religion in den Außenpolitiken und damit auch im Bereich der Diplomatie spielen sollte. Kenntnis, Verständnis und Respekt für Religionen seien wesentliche Voraussetzung für gelingende Diplomatie bzw. internationale Politik.
Einen Aspekt, den Kloss als eine relativ neue Entwicklung ansprach – auch für die Diplomatie – war der Einsatz für die Bewahrung der Schöpfung. Der „Pro Oriente“-Präsident würdigt in diesem Zusammenhang auch die großen Verdienste des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I., der im Einsatz für die Schöpfung weit über die Orthodoxie hinaus entscheidende Impulse setzte und setzt.
Veranstalter des Symposions waren die Stiftung Pro Oriente, die Diözesankommission für ökumenische Fragen der Erzdiözese Wien, die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE), die Initiative Christlicher Orient, der Ökumene-Ausschuss des Vikariats Wien-Stadt der Erzdiözese Wien und die örtliche rumänisch-orthodoxe Pfarre. Das Wiener Ökumenische Symposium findet jedes Jahr im Herbst zu aktuellen Themen der Ökumene statt. Heuer gab es erstmals auch evangelische und orthodoxe Mitveranstalter.