Die gemeinsame Wurzel ans Licht bringen – Interview mit Pfr. Alexandru Nan

Der rumänisch-orthodoxe Dekan für Oberbayern, Alexandru Nan, hat zwei Bücher über Heilige aus dem ersten Jahrtausend verfasst. Damit möchte er auch die Ökumene beleben.

Sie haben zwei Bücher über Heilige geschrieben. Warum?
Die orthodoxe Kirche ist eine Kirche, die die Heiligen verehrt, und vor circa zwei Jahrzehnten hat ein Theologe in Rumänien ein Buch über die Heiligen der Britischen Inseln herausgegeben. Das rumänisch-orthodoxe Bistum in Italien hat etwas später einen Kalender mit Heiligenviten veröffentlicht. Aber die Initiative ist viel älter. Ein Bischof der russischen Auslandskirche, der heilige Johannes Maximowitsch, hat 1951 bei einer Synode in der Schweiz die Priester beauftragt, das Leben der Heiligen im Westen zu erforschen und zu verehren. Ich dachte deshalb, es wäre gut, auch die Heiligen in den drei Ländern, in denen ich tätig war oder bin — in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland — zu erforschen.

Wie sind Sie beim Verfassen Ihrer Bücher vorgegangen?
Als ich 2004 in der Schweiz zum Priester geweiht wurde, hat mir der zuständige Bischof empfohlen, einen Lokalheiligen zu wählen. Damit habe ich angefangen. Zuerst habe ich über den heiligen Luzius von Chur, dann über die Heiligen Gallus und Otmar von St. Gallen recherchiert und diese Aufsätze in verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht. Dann hatte ich so viele, dass ich dachte — und eine Freundin mir auch geraten hat —, sie als Buch herauszugeben. Auch unser Metropolit für Deutschland, Zentral- und Nordeuropa, Dr. Serafim Joantă, rät den Priestern, wenn neue Gemeinden gebildet werden, einen Lokalheiligen als Schutzpatron zu wählen. Deshalb habe ich einen zweiten Band über weniger bekannte Heilige veröffentlicht und arbeite jetzt an einem dritten Band.

Die ersten beiden Bände wurden ins Deutsche übersetzt. Wie kam es dazu?
Zunächst konnten nur rumänische Gläubige meine Bücher lesen. Vor einigen Jahren hat mir deshalb jemand vorgeschlagen, die Bücher ins Deutsche zu übersetzen, aber dafür hatte ich keine Zeit. Vor zwei Jahren kam dann noch einmal der Vorschlag von einem Mitglied der Deutschsprachigen Orthodoxie in Mitteleuropa (DOM), das mir dann auch einen Übersetzer vermittelt hat.

Für wen sind diese Übersetzungen gedacht?
Für orthodoxe Gläubige, die andere Sprachen als Rumänisch sprechen, aber auch für Gläubige anderer Kirchen, die Heilige verehren und sie als Vorbilder in der ökumenischen Arbeit betrachten. Es geht also darum, die gemeinsame Wurzel ans Licht zu bringen — diesen Schatz aus dem ersten Jahrtausend, den wir gemeinsam haben.

Was bedeuten Heilige für Sie persönlich? Haben Sie einen Lieblingsheiligen?
Für mich und für die Orthodoxen sind die Heiligen Vorbilder, Helfer und Fürsprecher. In der orthodoxen Kirche wird im Gottesdienst jeden Tag die Vita eines oder mehrerer Heiliger gelesen. Das zeigt uns, dass sie keine Superhelden waren, sondern Menschen wie du und ich. Das gibt uns den Mut, zu kämpfen und nicht zu vergessen, dass wir alle zur Heiligkeit berufen sind. Ich habe etliche Lieblingsheilige, zum Beispiel den heiligen Apostel Andreas oder eine Heilige aus Moldau, Paraskewa (Parascheva) von Iași, die von allen Orthodoxen sehr verehrt wird. Von den westlichen Heiligen schätze ich die heilige Wiborada von St. Gallen besonders. Sie gilt als Schutzheilige der Bibliotheken und der Buchliebhaber und ist die erste Frau, die von einem Papst heiliggesprochen wurde — 1047, also ein paar Jahre vor der Trennung der beiden Kirchen.

Interview von Karin Hammermaier, in: Inne halten, Magazin für Gesselschaft, gutes Leben un Spiritualität, 118. Jg., April 2025, Nr. 8, S. 35